Haspinger fährt jetzt Bugatti
Eines der Gasthäuser, das es in der kollektiven Erinnerung nicht in die Gegenwart geschafft hat, ist, aus nicht ganz offensichtlichen Gründen das Gasthaus Haspinger. Vielleicht weil es nicht in der Haspingerstraße gelegen ist sondern Ecke Schöpf- und Anatomiestraße? Oder weil die schon in der Zwischenkriegszeit verschwundenen Betriebe seit zu langer Zeit von niemandem mehr als jener mit dem besten Schnitzel, dem saftigsten Braten oder dem gschmackigsten Knödel abgespeichert sind? Es passt zu der vergessenen Geschichte, das sich zunächst auch kein Konzessionsakt im stats gut sortierten Stadtarchiv finden ließ; als Beilage im Akt des Gasthauses „zur Biene“ ist er dann aber doch noch aufgetaucht.
Der aus dem Rosenheimer Raum stammende Wirt Lorenz Neumair gründete in dem neuen Haus Ende 1900 die erste Gastwirtschaft. Neumair hat seine Übersiedlung hierher mit großen Annoncen angekündigt in denen er das Publikum bat, ihm treu zu bleiben, wenn er nach 30 Jahren als Pächter verschiedener Innsbrucker Lokale, vom „Bretterkeller“ über das Gasthaus „zur Biene“ bis zum „Adambräu“, nun in seinen neuen eigenen Betrieb wechselte. Das Büchsenhausener Bier wie auch die echten Spirituosen sollten als Qualitätsgaranten dienen.
Neumair ist schon lange Wirt und somit auch nicht mehr der Jüngste. Deshalb übergibt er 1906 die Konzession des Wirtshauses an die 1880 geborene Sterzingerin Barbara Schönherr geb. Frick. Sie wird wohl die im Zentrum des Bildes oben stehende junge Frau sein, vermutlich mit ihrem Gatten Rudolf, der Landschaftlicher Bautechnik-Vermesser und Gastwirt als Berufe angibt Als Eigentümerin der Wirtschaft hat sie nicht viel Glück. Ihre Pächter wechseln ständig, ein Mitbewohner im Haus schreibt dauernd Beschwerdebriefe über die sanitären Zustände im Haus. Angeblich soll das Personal auch einige Zeit in der Küche des Gasthofes geschlafen haben, was ihr die Gewerbebehörde umgehend untersagt.
Immer wieder steht der Betrieb ohne Pächter da, in den Zeitungen finden sich im Gegensatz zu den anderen Wirtschaften in Wilten auch kaum Ankündigungen von Vereinsabenden oder politischen Versammlungen. Mitte der 1930er verschwindet dieses Ecklokal von der Innsbrucker Gastronomie-Landkarte. Heute wird im ehemaligen Gasthof Haspinger das Café Bugatti betrieben.
Die Ansichtskarte, deren Vorderseite das Titelbild dieses Artikels ist, hat sich in der Familie Wallenta erhalten – man sendete der in der Steiermark weilenden Tochter und Schwester Aloise im Dezember 1907 Grüße mit Bildmotiven aus der Heimat.