Asphalt für die Museumstraße
Wegen des von Jahr zu Jahr steigenden Verkehrs wurden in den 1910-er und 1920-er Jahren zahlreiche Straßen in Innsbruck asphaltiert. Unzählige Zeitungsartikel wurden zu diesem Thema veröffentlicht. Einigen Bürgerinnen und Bürgern ging das Straßenbauprogramm der Stadt Innsbruck nicht schnell genug voran. Es gab Klagen, dass weniger befahrene Straßen zum Teil vor den eigentlichen Durchzugsstraßen asphaltiert wurden. Dieses Problem betraf auch die Museumstraße. Dazu wurde in den Innsbrucker Nachrichten vom 12. Mai 1927 Folgendes berichtet: „Zu der von uns veröffentlichten Uebersicht über die Straßenbauarbeiten, die die Stadtverwaltung in diesem Jahre durchführen will, erhalten wir aus dem Leserkreise eine Zuschrift, in der es bemängelt wird, daß die Asphaltierung der Museumstraße, die ein sehr holperiges Steinpflaster und einen überaus starken Verkehr, insbesondere von Schwerfuhrwerken und Lastautos aufweist, auch heuer wieder nicht durchgeführt wird. Das Stadtbauamt erklärte uns auf Anfrage, daß es die Notwendigkeit der Asphaltierung dieser Straße vollkommen einsehe, diese aber so lange nicht durchführen könne, als die Lokalbahn A.-G. sich nicht bereit erkläre, im Zuge einer Asphaltierung neue Geleise zu legen. Die liegenden Geleise sind so alt, daß ihre Belassung in einem Asphaltstraßenkörper nicht in Betracht kommen kann. Leider steht der Stadtverwaltung aber gar kein Einfluß auf die Lokalbahn A.-G. zu, um sie zur Auswechslung der Geleise zu zwingen.“
Fast ein Jahr später, am 2. Februar 1928, wurde in den Innsbrucker Nachrichten ein Artikel veröffentlicht, der sich mit der neuerlichen Verschiebung der Asphaltierungs-Arbeiten und dem Unmut der Geschäftsleute über die untragbare Situation in der Museumstraße beschäftigte: „Von Geschäftsleuten in der Museumstraße sind uns Klagen zugekommen über den schlechten Zustand der Straße. Im Straßenkörper sind große Löcher und bei nassem Wetter wird durch die Autos der Straßenkot gegen die Auslagenfenster geschleudert, die an manchen Tagen zweimal geputzt werden müssen. Es wird mit Rücksicht darauf, daß die Museumstraße eine der wichtigeren Verkehrsstraßen ist, deren ehebaldigste Asphaltierung verlangt. Leider wird, wie wir vom städtischen Bauamt erfahren, diese berechtigte Forderung in diesem Jahre nicht mehr erfüllt werden können. Das Haupthindernis für eine Instandsetzung der Museumstraße ist das Tramwaygeleise, das dabei ausgetauscht und umgelegt werden müßte. Die Lokalbahnverwaltung erklärte hiezu kein Geld zu haben, und so muß das Bauamt die schon lange geplanten Verbesserungsarbeiten immer wieder hinausschieben.“
Am 7. März 1929 konnte der Allgemeine Tiroler Anzeiger dann über die in Kürze startenden Bauarbeiten berichten: „Die Asphaltierung der Museumstraße wird, falls keine Hindernisse eintreten, gleich nach den Osterfeiertagen durchgeführt werden.“
Zweieinhalb Monate später, am 31. Mai 1929, wurde im Allgemeinen Tiroler Anzeiger über die erfolgreich abgeschlossenen Asphaltierungs-Arbeiten und die Kosten für die Schienenverlegung berichtet: „Die Stadt Innsbruck ließ die Museumstraße und den Marktgraben asphaltieren. Zwangsweise mußte dort die Lokalbahn neue Schienen legen, obwohl die alten vielleicht noch 10 bis 12 Jahre hätten verwendet werden können. Die Asphaltierung des Marktgrabens mit den Geleiseeinbauten kommen der Lokalbahn auf 40.000 S, die in der Museumstraße auf 220.000 S zu stehen. Außer den Ausgaben hat aber die Lokalbahn noch während der Zeit des Umbaues einen großen Einnahmeentfall.“
Das Titelbild zeigt die Museumstraße noch vor der Asphaltierung. Die Straße ist mit Kopfsteinpflaster versehen, die Gehsteige sind bereits befestigt.
(Stadtarchiv Innsbruck, RM-PL-1253)
EIn schöner Einblick in die Verwaltungsgeschichte der Stadt, die auch wieder einmal aufzeigt, mit welchen Schwierigkeiten die Straßenbahn praktisch das ganze 20. KJahrundert lang konfrontiert war und wie schlecht Politik und Stadtverwaltung ihr wichtigstes Verkehrssystem behandelt haben, was sich natürlich auch massiv auf die Transportqualität auswirkte.
Man muss sich das einmal vorstellen: die Tramwaygesellschaft wurde hier gezwungen, eine außerplanmäßige und nicht vergütete Großinvesition zu tätigen, die nicht notwendig gewesen wäre, um Schäden durch den damals bereits zunehmenden Autoverkehr hintanzuhalten, und auch noch Einnahmenausfälle hinzunehmen (Schienenersatzverkehr gab es damals nicht). Eine von vielen indirekten Förderungen des Autoverkehrs durch eine öffentlich finanzierte Einrichtung.
Eine weitere solche Maßnahme war das damals (nicht nur) in Innsbruck verhängte Verbot von Haltestellentafeln am Boden und an Gebäudewänden oder Mauern. Die Tafeln durften nur noch auf den Querspannern der Fahrdrähte befestigt werden (hier sind die zwei weißen Schilder etwa in der vertikalen Bildmitte links und rechts zu sehen), was Fahrplanaushänge natürlich unmöglich und Linieninformation schwierig lesbar machte.
Keine leichte Zeit für die Tram.
Dennoch ein sehr schönes Bild, mehr noch in der vollen Auflösung: https://innsbruck-erinnert.at/wp-content/uploads/2023/11/RM-PL-1253.jpg
Zu der dort heute nicht mehr vorhandenen Parallelweiche hatte ich hier schon etwas geschrieben: https://innsbruck-erinnert.at/die-besten-freunde-des-menschen-sind-seine-buecher/
In Tirol war – abgesehen von der vornapoleonischen Zeit – lediglich in den Jahren 1915 bis 1930 Linksverkehr angesagt. Das musste wohl auch für die Strassenbahn gelten. Hier sehen wir eine Szene aus genau dieser Zeit. Genauer zwischen 1924 und 1929, denn erst 1924 wurde unter Protest der örtlichen Geschäftsinhaber das zweite Gleis am Burggraben (hier am Bild schon asphaltiert) gelegt, wie uns Herr Schneiderbauer in seinem Link amüsant schildert.