Das Glücksringlein
Gerne erinnere ich mich an meinen Glücksring. Voller Stolz habe ich ihn jahrzehntelang getragen, bis er brach. Aber ich habe ihn immer noch.
Erst jetzt habe ich erfahren, dass es eine Geschichte zum Tiroler Glücksring gibt oder wahrscheinlicher: Findige Juweliere, die die Erzählung als Vorlage für eine lukrative Geschäftsidee verwendet haben.
Die Volkssage „Das Glücksringlein“ stammt von niemanden geringeren als dem Tiroler Dichter Franz Kranewitter.
Epinhart, ein Köhler aus der Umgebung von Steinach, sehnte sich nach einem liebend Weib. Eines Tages rettete er eine Jungfrau aus den Fängen eines Zwerges und verliebte sich sofort in sie. Epinhart musste schwören, nie nach ihrem Namen zu fragen und sie wurden ein Paar. Glücklich und zufrieden lebten sie zusammen und bekamen sieben Kinder, vier Knaben und drei Mädchen. Doch der Zweifel nagte in Epinhart und eines Tages verlangte er von seiner Frau „Wunschweis“, ihren richtigen Namen zu nennen.
Daraufhin verschwand sie mit großen Klagen aus seinem Leben. Verzweifelt bat Epinhart tausend- und abertausendemal um ein Zeichen von Wunschweis, dass sich noch lebt und ihm verzeiht.
Eines Tages fand er auf dem Tisch acht Schachteln mit seinem und mit den Namen der Kinder beschriftet. Darin befanden sich je ein zierliches goldenes oder silbernes Ringlein. Auf einem Pergament war zu lesen:
„Grämet Euch nicht! Obwohl verschwunden, bleibe ich Euch nahe. Ich bin eine Salige, eine aus dem Geschlechte jener holden und gütigen Frauen, von denen Du wohl schon die Sagen Deiner Heimat erzählen hörtest. Hättest Du noch durch zwei Jahre Dein Versprechen, nicht nach meinen Namen zu fragen, gehalten, wäre ich immer bei Euch geblieben; so kann ich Euch nur hie und da und das nur Euren Augen unsichtbar besuchen. Aber mein Segen bleibt bei Euch! Er ist an die Ringlein geknüpft, welche ihr Tag und Nacht, ohne sie abzulegen, tragen sollt. – Ehre, Gesundheit und Wohlergehen werden sie Euch bringen. – Glücksringlein mögt Ihr sie nennen!“
Zu jedem Ringlein gab es auch noch einen Spruch.
„Das Glück sich stets an dem bewährt,
Der dieses Ringlein schätzt und ehrt!“
„Des Paradieses reinstes Glück
Bringt dieses Ringlein dir zurück.“
„Des Glückes Zauber, glaub` es mir,
Steckt drin in diesem Ringlein hier.“
„Ist rein dein Sinn wie dieses Gold,
Bleibt dir das Glück auch immer hold.“
„Der Schönen Huld, der Liebsten Treue
Verbirgt das Ringlein stets aufs neue.“
„Gesundheit wird und frohes Streben
Dem, der dies Ringlein trägt im Leben.“
„Ein munt`rer Sinn, ein liebend` Herz
Trägt dieses Ringlein allerwärts.“
„So einfach auch dies Ringlein scheint,
So große Kraft es in sich eint.“
„Des Alters Trost, des Mannes Mut,
Der Schönheit Macht dem jungen Blut!“
(Wer genau aufgepasst hat, wird merken, dass es neun Sprüche zu acht Ringen gibt.)
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, FW-K-3311)
Nummer Zehn: Ist das Mägdlein nicht mehr treu, bricht das Glücksringlein entzwei-
(Nicht jetzt gedichtet, Original)
Nummer Elf: Auch wenn der Knabe nicht mehr treu, das Glücksringlein bleibt stets wie neu!
Das Pendant zum Innsbrucker Juwelier Duftner dürfte der Meraner Goldschmied Maier gewesen sein. Er verwies in seinen Zeitungs-Annoncen und Werbebroschüren auf seine „Echten Tiroler Glücksringe“, deren Echtheit man an der Verarbeitung einerseits, aber auch an der Originalverpackung mit der beigelegten Broschüre „Ursprung des Tiroler Glücksringleins“ nach einer Erzählung des Tiroler Volksschriftstellers Karl Wolf erkennen kann.
Josef Maier hat mit seinen Glücksringen und den daraus gefertigten anderen Schmuckstücken ein Vermögen verdient und seine erste erstandene Villa in Obermais „Villa Glücksring“ genannt. Findiger Juwelier. Werbung und Preisliste aus dem Jahr 1897:
https://www.provinz.bz.it/katalog-kulturgueter/de/suche.asp?kks_priref=40053166
Derartiger Erfolg ruft oft auch Neider auf den Plan, so auch im Falle Josef Maier, der auf deren Vorwürfe mit einer einseitigen Stellungnahme im Maiser Wochenblatt vom 26. März 1904, S 19 reagierte: […] „Was nun die anonyme Zuschrift aus Innsbruck anbelangt, so bin ich mit dem Einsender derselben vollständig der Ansicht, daß, solange die Kunst der Herren Juweliere und Goldschmiede nur in dem Zusammenlöten einer rohen Galerie besteht, ein Goldschmied, ‚der auf die Ehre seines Standes‘ noch etwas hält, sich mit solchen Arbeiten nicht befassen soll. Der Herr Einsender bezieht sich offenbar auf den in Innsbruck von verschiedenen Juwelieren und Geschäften als echte Tiroler Glücksringe ausgebotenen ‚Glücksringschmarren‘. Ich habe mit Innsbruck nichts zu tun und überlasse es meinem Schwiegersohn Herrn Otto Wilfling, Juwelier, Landhausstraße, gegen den Unfug, der dort mit meinen Mustern getrieben wird, aufzutreten, da ich ihm die freie Erzeugung meiner Originalmuster zugestanden habe.“ […]
Danke für die Recherche Frau Stolz. Ich nehme an, den „Glücksringschmarrn“ hat es auch so oder ähnlich auch im alten Delphi gegeben.