Über die Meere (Abessinien Teil 2)
„Meine Lieben! Da seht Euch einmal die Speisenkarte, gleich vom 1. Abendessen am 10. ds., an u. dann habt Ihr gleich eine der Hauptgrundlagen der Seekrankheit! Hat man sich da erst einmal durch die vielen feinen Sachen „durchgefressen“, so gehört schon auf dem Festland eine gute Verdauung dazu.“ […]
An Bord, 14.X.1929 (Südöstl. von Kreta)
Wie bereits in meinem letzten Beitrag angedeutet, begann die Reise auf dem Schiff für Erwin Hammerle demnach nicht ganz so angenehm.
Zu der guten, aber wohl doch etwas üppigen Verpflegung gesellte sich am zweiten Tag wohl noch ein „ganz nettes Auf und Nieder, Hin und Her […] dazu, so dass auch [er] in Form eines ‚damischen Schädel‘ (Schwindel) und Magenverstimmung etwas von dem Seeübel erleben musste“(Auszug aus dem Brief vom 14.10.1929).
Nach fünf Tagen auf dem Schiff quer durch das Mittelmeer, kam unser Reisender am Abend des 15.10. bei Sonnenuntergang in Port Said an. Hammerle schrieb in seinem Bericht, dass die Nähe des Nils bereits lange vor der ägyptischen Küste an der milchigen Färbung des Wassers erkennbar war.
In Port Said wurde zu fortgeschrittener Stunde (Mitternacht) in einem großen Kaufhaus, dem Simon Arzt Store die notwendige Ausrüstung und tropentaugliche Kleidung gekauft. Nach dem Einkauf genehmigte man sich noch ein deutsches Bier in einem Kaffeehaus, um am nächsten Morgen um 4:00 Uhr in den Suezkanal einzufahren.
Vom 17. bis 20.10.1929 fuhren sie „durch’s heiße Rote Meer; herrlich tiefblaue See; fliegende Fische, Delfine, dann und wann eine verirrte, rastsuchende Schwalbe als Gast an Bord“ (Auszug aus den Skizzen von der 1. Abessinienexpedition 1929/1930)
Bereits einen Tag später traf unser Reisender mit seinen beiden Mitreisenden, Herrn Kunz und Herrn Kegel, in Dschibuti ein. Hier verließen sie endgültig ihren Dampfer für die bevorstehende aufregende Reise in das unbekannte Abessinien.
In dieser Hafenstadt erlebten sie nun die „echte afrikanische Sonnenhitze; auch abends noch Essen bei laufenden Deckenventilatoren“ (Auszug aus den Skizzen von der 1. Abessinienexpedition 1929/1930), Hammerle schreibt in seinen Aufzeichnungen, dass aufgrund der Hitze kaum Schlaf zu finden sei und man dazu übergegangen war, die Nacht in der etwas kühleren Hausgallerie zu verbringen.
Nach zwei Tagen, in denen man sich an die Hitze gewöhnt hatte, hieß es am 23.10. „Auf nach Abessinien!“.
Wie die Reise weiter geht erfahren Sie nächsten Mittwoch.
Amelie Sturm
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck; SammelA-501, Titelbild: Ph-Pl-2997, Port Said)