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Das Ist Adam Rieses Flottestes Geisteskind -Digitales Innsbruck, XXIV.

Das ist Adam Rieses flottestes Geisteskind -Digitales Innsbruck, XXIV.

Im inzwischen 24. Beitrag in dieser Reihe über die Errungenschaften der modernen Technik in unserer Landeshauptstadt behandeln wir dieses Mal ein besonderes Schmankerl, nämlich die erste elektronische Rechenanlage in Innsbruck. Im Jahr 1964 kaufte die Universität Innsbruck, genauer gesagt das Institut für theoretische Physik unter dem Vorstand Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Cap mit ERP-Mitteln die im Titelbild zu sehende Zuse Z23 an. Die Firma Zuse dürfte dem einem oder anderen vor allem wegen ihrem Gründer ein Begriff sein, denn Konrad Zuse war wahrscheinlich einer der bekanntesten deutschen Erfinder. Mit seiner Entwicklung der Z3 gelang ihm im Jahre 1941 der erste funktionstüchtige, vollautomatische, programmgesteuerte und frei programmierbare arbeitende Rechner und somit der erste funktionsfähige Computer der Welt. Die in Innsbruck angekaufte Zuse Z23 erschien im Jahr 1962 und war auch eine Neuheit der Firma, denn es handelte sich um den ersten Rechner auf Basis von Transistoren.

Um ein Gefühl für die Technik der Zuse zu bekommen folgen ein paar Impressionen.

Eine 1-Bit Karte der Zuse Z23.
Lochstreifenleser zum Einlesen der Programme.
Sogenannte 5-Kanal Lochstreifen als Speichermedium.

Der Ankauf des neuen Wunderwerkes war auch Thema in den Medien. In einem Beitrag der TT vom 11. Jänner 1964 wurde von dem Ankauf in so einzigartiger Weise berichtet, dass ich unseren Leser*innen den Artikel hier in Auszügen zum Genießen anhängen will:

Das ist Adam Rieses flottestes GeisteskindEine neue elektronische Rechenanlage für das Institut für theoretische Physik an der Universität Innsbruck im Wert von 3 Millionen S

Vor einer Moschee, in den Tempeln der Hindus und in den Heiligtümern des Buddhismus entledigt sich der Mensch ehrfürchtig seiner Schuhe. Er wagt es nicht, sich dem erhabenen Ort im Staub der Straße zu nähern. Nun haben wir auch in Innsbruck einen Tempel der Wissenschaft, den man nur in Hausschuhen betritt. Er liegt zwar in einem sehr profanen Raum der Neuen Universität, ruft aber die Hochachtung des Laien und des Wissenschaftlers hervor. Der unterirdische „Tempel“ wird beherrscht von einer modernen elektronischen Rechenanlage namens Zuse. Die „Zuse“ ist allergisch gegen Staub. Ihre Lebenserwartung und Arbeitslust hängt vom Mangel an Staub und von möglichst gleichbleibender Temperatur ab. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, arbeitet sie unverdrossen für hundert. Wir Innsbrucker bekommen langsam eine gewisse Vertrautheit im Umgang mit den „denkenden Maschinen“. Die Olympischen Spiele lockten ganze Familien aus dem Stamme „Elektronik“ an. Doch bei diesen Maschinen handelt es sich um Gäste, die post festum das Land wieder verlassen. Die „Zuse“ der Neuen Universität hingegen bleibt in Innsbruck sesshaft. […] Die neue elektronische Rechenanlage der Universität schafft endlich die Voraussetzung zur Bewältigung auch komplizierter Problemstellungen. Sie wird daher, so hofft man, eine Art geistige Besitzfestigung herbeiführen und das Abwandern bremsen. Die drei Millionen Schilling, die hierfür aufgewendet wurden, sind jedenfalls wesentlich sinnvoller angelegt als so manche andere Marshalplan-Millionen. […] Die Maschinen erfüllen nur jene Aufgaben mit „Verstand“, die ihnen der Mensch sinnvoll vorschreibt. Dazu brauchen sie eindeutige schriftliche Befehle. Sie werden in Blitzgeschwindigkeit ausgeführt, wobei ein elektronisches Gedächtnis mit beinahe unendlicher Speicherkraft und die hochgezüchtete Fähigkeit im Kopfrechnen bemüht werden. Wenn die Entwicklung auf dem Gebiet der elektronischen Rechenanlagen so stürmisch fortschreitet wie bisher, werden die Schulkinder des dritten Jahrtausends nur noch im Programmieren, nicht aber im Rechnen ausgebildet werden müssen. Fürs Programmieren wird stets der menschliche Geist zuständig bleiben. Wie tröstlich! […]

Wer sich jetzt noch fragt, wie denn ein Computerprogramm anno dazumal ausgesehen hat, dem sei mit dem nächsten Bild geholfen, dass einen Teil ein Programmes ausgedruckt zeigt.

All jene unter uns, die jetzt noch offene Fragen zu dem Gerät an sich oder den Programmzeilen haben, müssen Sie sich mit dem Sammlungsgeber und Programmierer der obigen Zeilen Herrn Schönegger in Verbindung setzen bzw. können einfach die Fragen in die Kommentare scheiben. Ich bin mir sicher, er wird alle Fragen gerne beantworten. An dieser Stelle nochmals Danke für die Überlassung der einzigartigen Sammlung Innsbrucker Technikgeschichte.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, 01.15.03 Sammlung Schönegger)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Ganz am Anfang meiner Postdienstzeit – und zwei Jahrespäter wieder nach Ablegung der „Verkehrsdienstprüfung Rechnungsdienst“ war ich jeweils für 2,3 Monate der Telefonrechnungsabteilung zugeteilt.
    Während 1956 die Telefonrechnungen noch händisch geshrieben wurden (nach dem System Durchschreibebuchhaltung in ein Journal), mußte 1958 für jeden Teilnehmer monatlich ein längliches Kärtchen, es war beige, mit einem schwarzen „Fettstift“ EINGESTRICHEN werden… (je eine Zeile mit lauter kleinen Linsen für die Eins, die zwei usw.). Es hieß, damit werde der Computer „Gefüttert“ Für uns war es ein „Tschach“, von diesen Kärtchen heruntr die Beträge in die Rechenmaschinen zu tippen – zwecks „Kontrollstreifen“
    Aber jede Verwaltungsvereinfachung bringt den „unteren Chargen“ erfahrungsgemäß bloß einen Berg Mehrarbeit.
    Dann ging in der Lohnverrechnung der Herr Sanin, glaube ich, in Pension… und ich wurde dorthin versetzt.

    Aber jetzt werde ich endlich erfahren, für welches Monstrum , pardon: Mordstrumm von Computer diese Kartln üblich waren.

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