Eine „royale“ Demo
Über den Besuch der Queen am 8.5.1969 in Innsbruck wurde hier bereits berichtet. Doch die Geschichte geht noch weiter, ganz abseits von Pomp and Circumstance. Denn der Besuch der Queen löste vor allem in Innsbrucker Studentenkreisen große Emotionen aus.
Der Weltruf der theologischen Fakultät hat immer schon zahlreiche ausländische Studenten nach Innsbruck gelockt. Von den Afrikanern stammten in den 1960-er Jahren nicht wenige aus dem christlich geprägten Süden Nigerias, der damals unter dem Staatsnamen „Biafra“ um seine Unabhängigkeit kämpfte. Dieser Krieg wurde von der Zentralregierung im mehrheitlich muslimischen Norden mit äußerster Grausamkeit auch gegen die Zivilbevölkerung im Süden geführt.
Die Innsbrucker Theologiestudenten, die von ihren afrikanischen Mitstudenten bestens unterrichtet waren, wollten am 8. Mai 1969 beim Staatsbesuch der englischen Königin Elisabeth II in Innsbruck mit einer Demonstration auf den brutalen Krieg in Biafra aufmerksam machen, da dieser vor allem durch britische Waffenlieferungen an die Zentralregierung im Norden und Unterstützung der Blockade gegen den Süden ermöglicht wurde.
Der Innsbrucker Bischof wollte nicht, dass seine Theologen mitdemonstrieren und schließlich wurde die Demonstration von der Polizei für den Tag des Staatsbesuchs überhaupt verboten. Sie durfte dann einige Zeit später – am 27. Juni des Jahres – auf der Maria-Theresien-Straße stattfinden. Da war aber die englische Königin schon längst über alle Berge.
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Zur gleichen Zeit war mit Mag. Jakob Ringler, dem späteren Gründer der Tyrol Air Ambulance und der Welcome Air, ein Innsbrucker als Chef-Logistiker einer humanitären Luftbrücke kirchlicher Hilfswerke in Afrika tätig, die vermutlich hunderttausende Kinder im blockierten Biafra vor dem Hungertod rettete.
Auf dem Foto sind einige Studenten bei der Demonstration zu sehen, hier gerade in der Anichstraße. Laut TT waren etwa 300 Studenten am Protestmarsch beteiligt, der weitgehend friedlich verlief.
Foto: Habermüller, Stadtarchiv Innsbruck, Ph-5882.
Einer der Organisatoren dieser Demonstration, der Theologiestudent Kurt B., musste auf Geheiß von Bischof Paulus Rusch damals tatsächlich das Priesterseminar verlassen. Offenbar gab es zu jener Zeit noch genug Priesteramtskandidaten, sodass man leicht auf einen „Unruhestifter“ unter ihnen verzichten konnte.