Die ersten Innsbrucker Flugtage
Zweifellos eine fliegerische Sensation waren die vom 25. bis zum 29. September 1912 abgehaltenen Flugtage in Innsbruck. Nur rund neun Jahre nach den erfolgreichen Flugversuchen der Gebrüder Wright war es dem erst zwei Jahre zuvor gegründeten Verein für Luftschifffahrt in Tirol gelungen ein Spektakel der Extraklasse nach Innsbruck zu holen. Das k.u.k. Kriegsministerium hatte sich bereiterklärt, ein Flugzeug der Luftfahrtgruppe Oberleutnant Karl Stohlanz für Schauflüge nach Innsbruck zu entsenden.
Beworben wurden die Flugtage unter anderem mit einem Plakat nach einem Entwurf von Franz Niebler.
Das für damalige Verhältnisse einmalige Ereignis startete bereits am 24. September 1912, wobei ein unangekündigter Probeflug über die Stadt wahrscheinlich mehr Aufsehen erregte als der offizielle Teil am Abend, welcher mit einem Diavortrag über das Luftfahrtwesen im vollbesetzten Stadtsaal begangen wurde. Am nächsten Tag um 8:30 kam es dann zum ersten offiziellen Schauflug des Flugzeuges namens „Falken“, einer sogenannten „Etrich Militärtaube“. Am zum Flugfeld umfunktionierte Exerzierplatz in der Höttinger-Au drehte das Flugzeug mehrere Runden. Weitere Schauflüge folgten an den weiteren Tagen und begeisterten das zahlreiche Publikum. Das Titelbild zeigt die besagte Etrich-Militärtaube „Falke“ in Aktion.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-11493, Pt-39)
Hieß der Pilot nicht Stohanzl?
„Der Apparat“, wie ihn mein Großvater im Tagebuch vermerkte, flog dem Guten, Ecke Mandelsbergerstraße wohnenden direkt vor der Nase herum und ärgerte ihn persönlich sehr. Mit freudiger Häme berichtete er, daß „der Apparat“ beim vorgesehenen Wettflug mit einem Ballon völlig versagte, während der stille Ballon schnell aufstieg und hinter dem Hechenberg verschwand. Einfache Erklärung (wußten ja auch die Parodisteln): Leider ging der Föhn…
Geflogen wurde von der gleichen Wiese auf welcher 6 Jahre später nach Kriegsende die Reste der kuk Luftstreitkräfte landeten.
Hier noch ein Foto von Dornach mit schönem Hintergrund- https://postimg.cc/mhJ9wJvT
Das ist ja eine tolle Aufnahme! Man könnte fast meinen, der Falke / die Taube wurde hineinmontiert.
Ja, der Pilot hieß Stohanzl. Im Tiroler Anzeiger heißt es dazu:
„Heute fanden die Innsbrucker Flugtage ihren
Abschluß, die seit dem Dienstag abends fast ganz
Innsbruck in lebhafte Bewegung versetzt hatten. Lei-
der waltete gerade über den beiden letzten Tagen das
Verhängnis Innsbrucks: der Föhn, und machte dem
veranstaltenden Komitee mit dem Flieger ebenso, wie
einem großen Teile der Bevölkerung einen sehr be-
dauernswerten Strich durch die Rechnung.
Freitag nachts klärte sich plötzlich der Himmel und
Sterne und Mond leuchteten auf die klaren, schnee-
bedeckten Berge herab. So schön diese Nacht dem Na-
turschwärmer vorgekommen sein mag, ebenso schlimm
war das Vorzeichen des nahenden Windes für die Ver-
anstaltung der Schauflüge. Denn es war mit Sicher-
heit anzunehmen, daß am nächsten Morgen bereits
der Südwind eintreten werde, dessen Ungestüm in
Innsbruck genugsam bekannt ist und ein Unterbleiben
von Schauflügen voraussehen ließ.
Dem war wirklich so!
Samstag vormittags wehte noch ein kräftiger
Westwind, der sich bereits gegen die Mittagsstunden
in heftigen Föhn verwandelte und nachmittags die
geplanten Flüge des kühnen Aviatikers Oberleutnant
Stohanzl unmöglich machte. Als der Wind auch am
Abend noch nicht nachgelassen hatte, sondern mit einer
derartigen Heftigkeit wehte, daß der Hangar mit
den gefüllten Benzinfässern be-
schwert werden mußte, um nicht fortgerissen zu
werden, traf das Komitee alle Anstalten, um am
Sonntag doch we n i g st e n s ein paar Schau-
flüge möglich zu mackzen. Da erfahrungsgemäß der
Föhn erst zwischen 10 und 11 Uhr vormittags einzu-
treten pflegt, wurde noch nachts in allen Kaffeehäusern
und an verschiedenen Stellen der Stadt durch Flug-
zettel kundgemacht, daß die Flüge bereits um 9 Uhr
früh beginnen.
Tatsächlich konnten auch vormittags dem
sehr zahlreich anwesenden Publikum, unter dem sich
auch Se. königl. Hoheit der Herzog von V e n d o m e
mit Familie, Oberlandesgerichtspräsident Exzellenz
v. Call, die Familie des Statthalters usw.
befanden, vier wohlgelungene Flüge vor-
geführt werden. Der starke, aber gleichmäßige West-
wind, der nur in den oberen Schichten heftigen Fall-
wind zeigte, welcher den Apparat stark niederdrückte,
konnte den kühnen Flieger nicht hindern, seinen Rie-
senvogel zu besteigen, um das wartende Publikum
nicht unverrichteter Dinge neuerdings das Flugfeld
verlassen zu lassen. Es hatte fast den Anschein, als ob
sich die Windverhältnisse auch bis nachmittags nicht
ändern würden, weshalb verkündet wurde, daß nach-
mittags, wenn der Wind nicht stärker würde, von halb
5 Uhr angefangen weitere Schauflüge stattfinden
werden.
Schon um 2 Uhr nachmittags wanderten
Zuschauer scharenweise hinaus zum Flugplätze, obwohl
schon um diese Zeit der Wind eine bedeutende Heftig-
keit erreicht hatte. Geduldig warteten viele Tau-
sende von M e n s ch e n, von denen leider viele
während der ganzen fünf Tage nicht Gelegenheit hat-
ten, den Apparat und den Flug aus der Nähe zu beob-
achten, auf das großartige Schauspiel. Der Wind ver-
stärkte sich aber zusehends und erreichte zur angesag-
ten Stunde der Flüge eine derartige Heftigkeit, daß
es schon unmöglich gewesen wäre, den Hangar, der
gegen Süden seinen Ausgang hat, zu öffnen, ohne den
Hangar und den Apparat aufs Aeußerste zu gefähr-
den. Wieder mußten die Benzinfässcr zum Beschweren
verwendet werden und später genügte auch
das nicht mehr, so daß 20 M a n n Militär
zum Halten des Zeltes nötig wurden. Der
Wind, der eine durchschnittliche Geschwindig-
keit von 5 bis 6 Sckundenmeter hatte, erreichte stoß-
weise eine solche von 30 Sekundenmetern.
Schweren Herzens mußte sich der Pilot angesichts der
wartenden Zuschauermengc zur Absage der Flüge ent-
schließen, obwohl er heute selbst bei sehr ungünstigen
Verhältnissen das möglichste zu versuchen beabsich-
tigt hatte. Ein Aufstieg in gerader Fahrbahn wäre ja
schließlich auch bei diesem Sturme möglich gewesen,
doch hätte die notwendige Kurve bei dem
stoßweisen Seitenwinde ohne Zweifel
sowohl für den Flieger und seinen Apparat, als
auch für das unten stehende Publikum
außerordentlich verhängnisvoll werden
können. Unter solchen Umständen blieb dem veranstal-
tenden Komitee nichts anderes übrig, als die
Absage zu verkünden. Aus den gleichen Gründen
konnte nicht einmal der Apparat dem Publikum ge-
zeigt werden, wie dies bereits vormittags und an den
übrigen Tagen immer geschehen ist. E s m u ß aner-
kannt werden, daß auch das Publikum, ein-
sichtsvoll genug, trotz des großen
O p f e r s an Zeit, Mühe und Geld, ohne Murren den
Flugplatz wieder verließ.
Oberleutnant Stohanzl hatte während dieser
Flugtage insgesamt 30 Aufstiege unternom
men. Die m e i st e n davon bewegten sich in einer
Höhe von 300 b i s 400 Metern über dem Erd-
boden, um den Apparat dem Publikum in möglichster
Deutlichkeit in den Lüften erscheinen zu lassen. Ein-
mal erreichte der Pilot auch die Höhe von 1400 M e-
t e r n und hätte sicherlich, wenn die starke Bewöl-
kung und der Einfluß der Feuchtigkeit auf den
Apparat ihn nicht daran gehindert hätte, auch hier
einen Flug bis in die Höhen von über 2000 M e-
t e r n unternommen.
Immerhin übte auch damals das Verschwinden
des Apparates in der Wolke und sein Wiederauftau-
chen einen großartigen Eindruck auf die Zuschauer
aus.“
Eine kurze Zusammenfassung der Innsbrucker Flugtage könnte also lauten:
„Vom Winde verweht……“