Aus dem Tourenbuch der Jenny Steiner IV
„Zum zweiten Mal versuchten wir es mit der am vorigen Sonntag in’s Wasser gefallenen Tour: Nach Überschreitung der drei Stempeljochspitzen zum Rosskopf.“ Mit diesen Worten beginnt Jenny Steiners Bericht über eine Tour im Karwendel. Gemeinsam mit zwei Freunden brach sie an einem Wochenende Ende Juni 1919 von Innsbruck auf. Allerdings sollte sich der Aufstieg beschwerlicher gestalten als gedacht. Aber lesen Sie selbst:
Auf der Thaureralm übernachteten wir etwas sehr kalt in einem mit spärlichen Laub gefüllten niederen Stall. Beim Anstieg zum Kreuzjöchl wurde uns aber bald warm, denn dort begann schon die Schneestapferei. Nachdem [es] die ganze Woche auf den Bergen geschneit hatte, war so viel Schnee, dass wir fast immer bis über die Knie einbrachen. Das Stückl vom Stempljoch bis zur Spitze war so mühsam, dass wir sofort beschlossen, nicht weiter zu gehen, da die Schneeverhältnisse immer ärger wurden u. von einer Kletterei keine Rede sein konnte. Wir legten uns nun 4 Stunden lang in die Sonne, abseits von dem Schwarm der Jochbummler, die in ziemlicher Menge über’s Stempeljoch wanderten. Um 3h vertrieb uns ein kalter Wind u. mit ganz aufgebrannten Gesichtern machten wir uns zum Abstieg bereit. Bei der Abfahrt liessen Mucki & ich eine kleine Lawine los, die aber kein Unheil anrichtete. Auf der Thaureralm stärkten wir uns mit Milch u. traten dann, beladen mit Milch u. Butter, den Heimweg an.
(StAI, Kleinsammlung Familie Georg Steiner / Ph-Pl-1358)