Thien Airways
Jörg Thien war nicht nur als Spaziergänger in Innsbruck unterwegs. Er verstand sich als Chronist der Stadt und seine farbigen und doch nüchternen Motive waren stets der dokumentarischen Wahrheit verpflichtet. Natürlich war er darüber hinaus schwindelfrei. Bei einem Rundflug, auf dem er seine schussbereite Kamera mit einem S/W Film geladen hatte, entstand diese Aufnahme. Unsere Luftbild-Dechiffrierungsgruppe wird in Windeseile herausgefunden haben, an welchem Fluss und an welcher Weg-Kreuzung wir hier mit gefühlt Schallgeschwindigkeit vobeisegeln. Aber – Sommerzeit hin oder her – in welchem Jahr könnte diese undatierte Fotografie entstanden sein?
Dieses Faszinationen auslösende Foto zeigt das Areal der Fischnalerstraße und der Arthur-Haidl-Promenade am Innfluss.
Hier das Luftbild von 1940 zum Vergleich:
https://tyrolean-map.legner.me/#17/47.26160/11.38161/Image_1940
Also Freiburgerbrücke innabwärts
Am unteren Bildrand sieht man das ehemals freistehende Zinshaus Innrain 93, welches um 1950 nach einem Bombenschaden wiederaufgebaut wurde. Das Bild müsste demnach entweder aus den 1930er-Jahren oder aus der Zeit um 1955 stammen.
Nach dem Bombenkataster (wenn er stimmt!!) erwischte es eher das frühere Innrain 87, Haus Innrain 93 hat sich nicht viel verändert. Somit ist das Bild meiner Meinung nach den 30er Jahren zuzuordnen.
Ob das am unteren Bildrand nicht „Ziegelstadel I“ ist??
Eher nicht! Der Zieglstadl befindet sich in der Völser Straße am Geroldsbach, das ist am Luftbild viel weiter weg:
https://tyrolean-map.legner.me/#17/47.24907/11.35378/Image_1940
Ich meine nicht diesen, sondern den früheren
https://hik.tirol.gv.at/?basemap=bm0&category=Detailkarten_georef&scale=4513.99773337655¢erx=1266827.1089613556¢ery=5984381.976380528¢erspatial=102100&map=309
Dieser Ziegelofen bzw. Zieglstadl dürfte sich eine Spur weiter innaufwärts befunden haben, wo heute das AZW steht.
Der Ort, an dem sich das AZW befindet, ist grade nimmer zu sehen. Aber es ist richtig, dort war der Zieglofen, später die Schlosserei vom Huter.
Der unter Denkmalschutz stehende Wohnblock in der Unterbergerstraße 3-5 wurde laut dem Tiroler Kunstkataster im Jahre 1932 fertiggestellt. Das Bild ist somit sicherlich nach 1932 aufgenommen.
So wie den von Ihnen genannten Wohnblock Unterbergerstraße 3 – 5 kann man auch das andere einzeln stehende Haus als Ampfererstraße 32 ausmachen. Schon interessant, wie man damals diese Zinshäuser ins Gelände gestellt hat. Wie hieß etwa dieser stattliche Bauernhof??
Über den unteren Bildrand hinaus ragen Teile des weitläufigen Werjsdgeländes der Firma Huter, die dem ganzen Grundstücksbereich den Namen gab.
An dieser Stelle gab es tatsächlich einen auf Karten ausgewiesenen „Ziegelofen“, der aber für die Fa. Huter nicht mehr zur Verfügung stand. Weitere Teile waren eine Bauschlosserei, eine Holztrocknungsanlage, ein Lager, ein Sägewerk mit Silo und bis kurz vor die Karwendelbrücke ein riesiges Baumstammlager mit Geleisen für die niederen Rollwagen. Ins Gemäuer der Lagerhalle war straßenseitig eine kleine Kapelle eingelassen, wohl als Ersatz für die ehemals ungefähr dort stehende Hafnerkapelle. Eigentlich war es nur eine vergitterte Fensternische mit einer religiösen Skulptur.
Gegenüber dem Zinshaus sieht man eine Wohnbaracke für Arbeiter, ein Volkschulfreund hat dort noch bescheiden aber urgemütlich gewohnt, Abenteuerwelt vor dem Haus.
Auf der Uferstraße entlang des einsamen Wohnhauses bin ich vierrädrig im Kinderwagen und zweirädrig mit Roller und Rad unterwegs gewesen…
Die Einzelstücke von Wohnhäusern, die jahrzehntelang auf Nachbarschaft warten mußten, sind ein Charakteristikum der Gegend.
Sehr geehrter Hr. Roilo,
auf Ihre Frage bzg. stattlicher Bauernhof.
Es war der Hof von Engelbert Stolz vlg. Kerschbuacher Engl, welcher im Juni 1924 vom Baumeister Hupfauf ein Wohnhaus samt Baustadl und Grund am Rechenweg 4 , heute Fischnalerstrasse, erwarb. ( vorher war er Besitzer am Kerschbuchhof und der erste was dort eine Gastwirtschaft eröffnete). Engl riß den Baustadl ab und baute Stall und Tennen. Nach dem Tod von Engl 1938 wurde sein ältester Sohn Robert Besitznachfolger als Bauer und Viehändler. Weil die Ehe von Robert kinderlos war, hörte sich dort die Landwirtschaft in den 60er Jahren auf.
Anm.: Engelbert Stolz war mein Urgroßvater
mit freundlichen Grüßen
Hans
Danke, Herr Muglach, für Ihre ausführliche und interessante Antwort! Aber jetzt hätte ich eine Frage: Unser Nachbar in Pradl, auch ein Bauer und einer der großen ehemaligen Grundbesitzer in den Reichenauer Feldern war Josef Stolz (sen.). Er hatte drei Söhne, der älteste (Kassian) erwarb die Bauernschaft in Mentlberg (unterm Schloss), der jüngste, Toni, eine Bauernschaft in Thaur, der mittlere, der Tierarzt Dr. Josef Stolz blieb am (heute nicht mehr aktiven) Bauernhof. Sind das vielleicht auch Verwandte von Ihnen – dann könnte man ja fast sagen: Innsbruck ist ein Dorf!
Sehr geehrter Herr Roilo,
hat ein bissl gedauert, habe mich gleich nach der Arbeit ans Denken gemacht.
Vom Engl Stolz der Vater war der Balthasar Kaspar Stolz (Butterer Hauser), der hat einen Bruder Josef (Butterer Seppl), welcher eine Landwirtschaft in Mühlau kaufte. Dieser Josef hatte einen Sohn Namens Josef , welcher 1888 in Mühlau geboren und 1961 in Pradl verstorben ist, dies dürfte der Vater vom Tierarzt Josef, Toni und Kass sein. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, dann sind Josef (der Vater von Tierarzt) und der Engl Cousin. Der Hausname der Stolz in Hötting ist Butterer, durch den Kauf vom Kerschbuchhof 1907 durch Engl hat dieser den Hausnamen „Kerschbuacher“ bekommen.
Mit freundlichen Grüßen und a guate Nacht
Hans
Grüß Gott, Herr Muglach! Jetzt hat es bei mir auch etwas länger gedauert! Mit ein Grund war, dass ich im Nachlass meiner Tante nach Sterbebildchen unseres Nachbarn Stolz suchte und leider nichts fand (dafür viele, viele andere, bei denen ich dann hängen blieb!). Aber ich glaube schon, dass Ihre Annahme bezüglich des Herrn Josef Stolz 1888 – 1961 richtig ist. Leider herrschte zwischen Solz / Roilo keine besonders gute Nachbarschaft! Wir landeten zwar nie am Gericht, aber es gab immer Reibereien mit den Zäunen, verschiedenen Baulichkeiten, Lärm und Gestank! Schuld hatten auch wir Buben, mein bester Freund wohnte im Bauernhof (diese Familie war nur Mieter), wir kletterten hin und her, holten uns Äpfel und Birnen und trieben sonst allerhand, was dem Stolzbauern nicht passen konnte, mehrere Male hetzte er seinen Hund auf uns!
‚Stolzbauer‘ war übrigens gar nicht ganz richtig – Herr Stolz war ein ‚Zuagroaster‘, er heiratete ja auf den Proslerhof, einem der zahlreichen Pradler Bauernhöfe. Zu dieser Landwirtschaft gehörten auch große Flächen im Bereich der Pradler Südtiroler Siedlungen. Zufällig bin ich jetzt auf eine Seite im Internet gestoßen, die den jahrelangen Kampf der Stolznachkommen um diese Gründe aufzeigt. Leider bricht diese Seite 2013 ab und ich kopiere diesen Link deshalb hierher, weil es mich gewaltig interessieren würde, wie das alles schlussendlich ausgegangen ist!
https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwjdmPzms-DvAhWFwAIHHVglALcQFjAFegQIBhAD&url=http%3A%2F%2Fnazi-grundstuecksraub.at%2Fzusammenfassung.html&usg=AOvVaw2-KzvBPEszQBIrE-Qm-tVj – vielleicht meldet sich dazu jemand oder die Familie Stolz fügt dem umfangreichen Werk einen Schluss dazu!
Ihnen, Herr Muglach, danke ich noch für Ihre aufschlussreiche Antwort.
http://nazi-grundstuecksraub.at/zusammenfassung.html – so wäre es einfacher