Zur Entstehung der Museumstraße – Teil 2
Vor einigen Tagen haben wir an dieser Stelle anhand der Erinnerungen von Franz Xaver Spiegelfeld, damals Gubernialsekretär im Baureferat des Guberniums, über die Entstehung der Museumstraße berichtet. Damals haben wir das Triumvirat Spiegelfeld, Widner und Erler verlassen, als sie ihren Plan ausgeheckt hatten. Nun hieß es eine günstige Gelegenheit abzuwarten:
„Anfangs Juli [1842] ging Danler wie gewöhnlich ins Bad, und ich [Franz Xaver Spiegelfeld] führte das Referat beim Gubernium. Da erschien, verabredetermaßen ganz unvermutet der Antrag des Magistratsrates Erler in Abwesenheit des Bürgermeisters an das Gubernium auf Eröffnung dieser Straße. Ewig unvergeßlich wird mir die Sitzung sein, in der ich diesen Antrag einbrachte und aus das wärmste unterstützte. Anfangs wollte das Gremium, dem damals Hofrat Benz in Ermangelung eines Statthalters präsidierte, von dieser Sache durchaus nichts wissen, einige Herren wollten noch Erhebungen einleiten, kurz, die Sache schien verloren zu sein und war dann unwiederbringlich verloren, weil die Gubernial-Räte, von denen schon Steub in seinem Werke sagte, – ein kurzsichtiges Wesen, jeder Zoll ein Zopf, Feinde jeder Neuerung waren. Meiner warmen Verteidigung in der Abwesenheit mehrerer Räte gelang es endlich, bei der Abstimmung eine Stimmenmehrheit durch das Votum des mir gewogenen Gubernialrates Ehrhart für meinen Antrag zu erlangen, und triumphierend verließ ich die Sitzung. Dies geschah um 12 Uhr; ich setzte sogleich den Magistratsrat Erler davon in Kenntnis und bereits um 2 Uhr nachmittags desselben .Tages fiel die Mauer des Franziskanergartens und wurde die Eröffnung der Straße begonnen. Wir mußten mit der Sache Ernst machen, denn es war sehr eine Sistierung des Baues zu besorgen. Um diese unmöglich zu machen, wurde gleich mit dem Abbruch und der definitiven Aussteckung mit vielen Arbeitern noch denselben Tag begonnen. Lebhaft erinnere ich mich noch, wie die halbe Stadt erstaunt über diese Arbeiten zusah, wie der größte Teil der Menschen das Ganze ein wahnwitziges Unternehmen nannte, weil gar kein Bedürfnis zu einem neuen Stadtviertel vorhanden sei, das Ganze ein Unsinn sei u. dgl. Doch ließen wir uns durch das alles nicht beirren und binnen 14 Tagen war die neue Straße in ihrer vollen Breite hergestellt, doch fehlten noch alle Häuser.
Leider war es in jenen Zeiten nötig, mit solchen Intriguen vorzugehen, wenn man etwas durchsetzen wollte, auf geradem Wege war nichts zu erreichen. Als einmal die Straße ganz ausgesteckt und dem Publikum zugänglich war, fing die Idee an, allgemeiner zu gefallen. Als Gubernialrat Danler vom Bade zurückkam und dies alles sah, überhäufte er mich mit Vorwürfen wegen meiner Eigenmächtigkeit mit dem Bemerken, daß das Ganze das wahnsinnigste Unternehmen sei, weil nie irgend ein Haus in diese neue Straße kommen werde, eine Zurücknahme der bereits erteilten Genehmigung war ihm leider unmöglich, weil die Straße schon bestand, und ich mußte daher den Hohn ertragen. Leider schien auch die Prophezeihung des Gubernialrates Danler in Erfüllung zu gehen, denn außer dem bald anfangs gebauten kleinen Hause des Dr. Schüler, eines der wenigen Männer, der die neue Zeit begriff, wurde binnen der ersten drei Jahre nach der Straßeneröffnung wirklich kein einziges Haus in der neuen Straße gebaut, und dieselbe stand als bleibendes Denkmal meines ungeschickten Vorgehens durch drei Jahre häuserleer da. Doch verzagten wir nicht und waren fest überzeugt, daß binnen zehn Jahren die ganze Straße verbaut sein würde, über welche Äußerung ich häufig den Hohn der Herren des Guberniums hinnehmen mußte. Der später ernannte neue Gouverneur Graf Brandis teilte die Meinung über die Unzweckmäßigkeit der neuen Straße und wollte sogar das Gebäude des neuen, damals zum Bau bewilligten Ferdinandeums in den Hofgarten verfügen. Da erhoben sich aber viele Stimmen in Innsbruck selbst dagegen, und es siegte endlich die Ansicht, daß dasselbe in die neue Gasse, die nun auch Museumgasse genannt wurde, gesetzt werden sollte. Von diesem Augenblicke an war das Schicksal des neuen Stadtviertels besiegelt. Kaum war der Museumsbau vollendet, so entstanden auf allen Seiten neue Häuser, die größtenteils auf Kredit gebaut waren, so daß man diese Gasse spottweise auch die Puffgasse nannte, und binnen 20 Jahren entstand nach und nach das schöne, große Stadtviertel in Innsbruck, das eine Zierde dieser Stadt bildet.“
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-M-6537 / Pl-55)