Vorsicht, Bahnsteig 1
Der Westbahnhof ist der Nabel der Baugeschichte Wiltens. Kurz nach seiner Eröffnung wurde als stolze Andreas-Hofer-Straße die erste Prachtstraße von der Stadt Innsbruck zum Bahnhof verlegt. Viele Jahre bevor sich die Wohnblocks im modernsten Innsbrucker Viertel geschlossen um ihre Innenhöfe gruppierten stand hier in der Andreas-Hofer-Straße schon Haus an Haus. Die jüdischen Schnapsbrenner und Marmeladefabrikanten, die südtiroler Weinimporteure, die Glas, chemische Produkte und Lebensmittel erzeugenden Kleinindustrien, alle nutzten die Nähe zum neuen Bahnhof für ihren unstillbaren Materialhunger. Die Lieferungen kamen per Pferdekutsche; die Eisenbahn-Waggons wurden noch Jahrzehnte später aufgebockt und dann zu den Höfen der Produzenten transportiert. Im österreichischen Spieleklassiker DKT mußte die Andreas-Hofer-Straße aufgrund ihrer Bedeutung als Industrie- und Einkaufsstraße folgerichtig in der Mitte stehen.
Das diesem Artikel vorstehende Ansichtskarte dürfte eine der ersten Aufnahmen des 1906/1907 errichteten neuen Bahnhofgebäudes zeigen; alles scheint noch unfertig und wenn sich der Retuscheur nicht gewaltig vermalt hat führt gerade ein Gleis am Bahnhof vorbei. Die Bahn selbst fuhr ja schon seit 1884 Richtung Westen.
(Sammlung Prada)
Vielen Dank für diese wunderbar frühe und seltene Aufnahme dieses schönen Bahnhofgebäudes!
Von Interesse ist die Bezeichnung „k.k. Staatsbahnhof Wilten-Innsbruck“ als Doppelname – anno 1907 gab es im Innsbrucker Gemeinderat nämlich eine sehr hitzige Debatte, ob man diesen neuen Bahnhof „Staatsbahnhof Wilten“ oder „Staatsbahnhof Innsbruck“ nennen soll. Am Ende scheint man sich kulanterweise auf den Doppelnamen Wilten-Innsbruck geeinigt zu haben, um beide Streitteile zufrieden zu stellen.
Baumeister Fritz berichtete im Juni 1907 zudem, dass er den schon in Mörtel ausgeführten Namen „Wilten“ auf dem neuen Stationsgebäude über den Anordnung des Staatsbahndirektors wieder wegnehmen musste. Die Staatsbahn war gegen die Bezeichnung „Wilten“, weil Wilten als eigenständige Gemeinde nicht mehr existierte.
Auf dieser Ansichtskarte ist die Inschrift „Wilten“ direkt unterhalb der Bahnhofsuhr noch gut zu erkennen, sodass die Aufnahme sicherlich vor Juni 1907 aufgenommen wurde.
Link: https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19070607&query=%22Staatsbahnhof+wilten%22~10&ref=anno-search&seite=5
eine wunderschöne, interessante Aufnahme.
Damals wird es halt nicht Bahnsteig 1 geheißen haben. Karwendelbahn gab es nicht und die Arlbergbahn war noch eingleisig. Wilten war vor allem als Frachtenbahnhof für Güter im Westtransport wichtig.