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Von Frauen Für Frauen

Von Frauen für Frauen

Mit den Frauensommeruniversitäten wurde in den 1980er-Jahren eine neue Veranstaltungsform von der österreichischen Frauenbewegung ins Leben gerufen. Das Ziel: Eine möglichst große Anzahl von Frauen aus möglichst verschiedenen außer- und inneruniversitären Lebensbereichen  erreichen und die politische Arbeit der Frauenbewegung vor Ort unterstützen. Im Juli 1986 tagte die dritte Österreichische Frauenuniversität in Innsbruck.

Während der vorlesungsfreien Zeit wurde das Universitätsgebäude für diese Veranstaltung zur Verfügung gestellt, daher ist sie auch unter dem Namen „Sommeruniversität“ bekannt. In der BRD wurden Frauenuniversitäten bereits seit 1976 veranstaltet. Die erste Frauenuniversität Österreichs fand 1984 in Wien statt und widmete sich dem Überthema „Für das Recht auf Arbeit“. Als zweiter Veranstaltungsort wurde 1985 Klagenfurt ausgewählt, jene Frauenuniversität beschäftigte sich mit „Frauen zwischen Vereinnahmung und Verausgabung.“ Das Wochenprogramm wurde von Frauen für Frauen gestaltet, mit dem Ziel eine Öffnung der Hochschule für Frauen zu erreichen und Antworten auf „Frauenfragen“ zu finden.

Betrachtet man das Programm der Innsbrucker Frauenuniversität, so fallen einem die Arbeitsgruppen ins Auge, die unter anderem die Themen Erwerbsarbeit, Bildung sowie Hausarbeit und Familie abdeckten. Jede Arbeitsgruppe bestand aus einem Referat sowie mehreren Arbeitskreisen, innerhalb dieser die einzelnen Themen aufgearbeitet werden. In der Arbeitsgruppe „Bildung“ wurde beispielsweise ein Vortrag mit dem Titel „Frauenforschung-Feministische Forschung“ von Carola Wildt aus Berlin gehalten, ein darauffolgender Arbeitskreis beschäftigte sich mit dem Thema „Lehrerinnen – Schülerinnen: Bestandsaufnahme und Strategien zur Erarbeitung feministischer Unterrichtsmaterialien“ unter der Leitung von Uschi Stockinger aus Wien. Für ungestörtes Arbeiten sorgte eine extra organisierte Kinderbetreuung.

Eines Abends wurden die Ergebnisse aus den Workshops zum Thema „Erwerbsarbeit“ im Plenum präsentiert. Diesem Vortrag wollte auch der Ordinarius für Politische Ökonomie Karl Socher beiwohnen, er wurde allerdings aufgefordert den Saal wieder zu verlassen, was im Übrigen keine ungewöhnliche Forderung bei den damaligen feministischen Veranstaltungen war. Als er dieser Bitte nicht folgte, wurde er mitsamt Stuhl von mehreren Frauen vor die Tür des Saals gesetzt. In einem Leserbrief, abgedruckt in den Salzburger Nachrichten, echauffierte sich der werte Herr auf sehr fragliche Art und Weise über diese Aktion: „Wie man bei meiner Bereitschaft zu einer Diskussion über die Fragen der Arbeitswelt im wissenschaftlichen Sinn patriarchalische Macht erkennen kann, ist mir nicht verständlich. Mich hat mein Ausschluß von dieser Diskussion mit Gewalt sehr an die Methoden des Nationalsozialismus erinnert.“ Die Reaktion Sorchers zeigt, wie sehr man(n) dem Aufbrechen der Männer-dominierten Machtverhältnisse entgegenwirken wollte.

In den Medien war die Frauenuniversität auch mit Kritik konfrontiert. So heißt es in einem Leserbrief vom Juli 1986, der in der Tiroler Tageszeitung abgedruckt wurde: „Sie [die Verantwortlichen für die Frauenuniversität] sprechen sich im Namen aller Frauen für eine leichtere Handhabung des Schwangerschaftsabbruchs aus […] Als verantwortungsbewußt denkende Mütter können wir uns von diesen Frauen nicht vertreten fühlen; […]. Andere zeigten sich wiederum solidarisch mit den Veranstalterinnen. Eva Deissen schreibt in der Kronenzeitung in ihrem Kommentar „Die Sesselträgerinnen: „Und wer jahraus, jahrein Lehre und Forschung aus rein männlicher Sicht aufnehmen und interpretieren muß, hat wohl einmal im Jahr im Rahmen einer eigens deklarierten Veranstaltung das Recht, über Gegenstrategien ohne männliche Zuhörer zu diskutieren.“

Der Frauenanteil bei den Studierenden überschritt zwar schon seit den 1970er-Jahren die 30%-Marke, allerdings beschränkte sich der Anteil an wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen im Universitätsjahr 1983/84 auf lediglich 15%. Die Frauenuniversität hätte sich folglich keinen besseren Veranstaltungszeitpunkt aussuchen können. Was hat sich nach der Veranstaltung positiv verändert, ohne sie jetzt als Hauptauslöser für die jeweiligen Veränderungen bezeichnen zu wollen. 1986 entstand die „Arbeitsgruppe historische Frauenforschung“ am Institut für Geschichte. Im Wintersemester 1986/87 fand erstmals das interdisziplinäre Frauenforschungsseminar statt, welches bis 1990 regelmäßig an der Universität Innsbruck durchgeführt wurde.

(Verena Kaiser)

Quellen:

Ingrid Böhler, Der Dekan wird vor die Türe gesetzt, Das Vordringen des Feminismus an der Universität Innsbruck, https://www.uibk.ac.at/zeitgeschichte/hidden-histories/feminismus.html.

(Foto: TT, Nr.154, 7.7.1986)

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