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Der Bilderblog aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck
Täglich Grüßt Das Murmeltier (I.)

Täglich grüßt das Murmeltier (I.)

Treue Besucher*innen des Stadtmuseums wissen bereits, dass das Thema Wohnen im politischen Diskurs Innsbrucks (und anderswo) ein Dauerthema ist. Ein schönes Beispiel dafür finden wir in der Ausgabe der Volks-Zeitung, die heute vor 100 Jahren erschien. Hinter den Schlagzeilen zur Außenpolitik fand sich dort unter der Rubrik Politische Rundschau die Schlagzeile „Die Mieter werden zur Abwehr aufgerufen“. Anlass für diesen Aufruf der Mietervereinigung Österreichs waren die hitzigen Diskussionen über die Einschränkung des Mieterschutzes. 1922 hatte der Nationalrat das Mietengesetz verabschiedet, es wurde nicht nur von der christlich-sozialen Regierung, sondern auch von der in Opposition stehenden SPÖ (bzw. damals SDAPDÖ) unterstützt. Es setzte strenge Mietpreisgrenzen fest und schränkte die Kündigungsmöglichkeit ein. Kurzfristig gelang es damit weitreichende Kündigungen zu verhindern, auf lange Sicht führte es aber zu einer Reihe von vorhersehbaren Problemen. Die Anreize für privaten Wohnungsbau wurden damit stark eingedämmt, weshalb vielerorts staatliche Behörden einschreiten mussten, um neuen Wohnraum zu schaffen. In Wien verdoppelte sich die Zahl der Wohnungssuchenden innerhalb von anderthalb Jahren nach der verabschiedung des Gesetzes, bevor der staatliche Wohnungsbau allmählich begann, Abhilfe zu schaffen.  Ebenso waren aber auch Sanierungen für Vermieter keine aussichtsreiche Investition mehr. Auch hier musste teils der Staat einschreiten, um durch Subventionen zu verhindern, dass bestehende Wohnungen unbewohnbar wurden.

So versuchte man in den folgenden Jahren einen Ausgleich zwischen den Interessen von Mietern und Vermietern zu finden. Diese Diskussionen waren, wie man sich denken kann, nicht ganz emotionslos – Argumente über die unsichtbare Hand sind oft wenig überzeugend, wenn die sehr sichtbaren eigenen vier Wände bedroht sind. Entsprechend lesen sich die Artikel in den sozialdemokratischen und christlich-sozialen Blättern. Während der erwähnte Aufruf in der Volks-Zeitung von einem „Anschlag“ und „Attentat“ auf den Mieterschutz sprach, war im Allgemeinen Tiroler Anzeiger vom „brutalen und heftigen […] Kampf der Sozialdemokratie gegen jede Abänderung der Mietengesetze“ die Rede.

(Mitgliedsbuch der Mietervereinigung, Div-396)

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