Stadt trifft Land
Unser Titelbild wurde nicht im Raum Innsbruck aufgenommen, sondern tief im Tiroler Unterland. Dennoch steht es mit der Stadt direkt in Verbindung. Lassen Sie mich es erklären.
Wir blicken auf den Hof Buchwies oberhalb von St. Johann in Tirol (Seinihans für Ortskundige). Im Jahr 1947 wurde dieser Hof der Stadt Innsbruck vom Peter-Mayr-Bund überlassen und als Kindererholungsheim geführt. Der ehemalige Bauernhof wurde sodann komplett umgebaut um dem nun benötigten Bedarf nachzukommen. Welche Kinder durften hier zur Erholung kommen? Beschlossen wurde anfänglich, dass Innsbrucker Kindern ohne Ansehung der Konfession oder parteipolitischer Gebundenheit, welche aufgrund von Untersuchungen des Gesundheitsamts ausgewählt wurden, ein 5-6 wöchiger Erholungsaufenthalt genehmigt wird. Finanziert wurde der Aufenthalt zu einem Teil von den Krankenkassen und den Rest mussten die Eltern hinterlegen. Zwischen 1947 und 1949 konnten insgesamt 493 Kinder am Hof empfangen werden und als Ergebnis Gewichtszunahmen von bis zu 7 kg erzielt werden.
Aufgrund mangelnder finanzieller Mittel konnten bereits ab 1948 nicht mehr alle notleidenden Kinder verschickt werden, weshalb man ab 1949 ausschließlich tuberkulosegefährdete Kinder zur Erholung schickte. Zahlreiche Kosten wie Fahrtkosten und Verpflegung steuerte die Stadt Innsbruck bei, wodurch den Eltern „nur“ ein Kostenbeitrag von einem Schilling pro Tag überblieb.
Die Betreuungspersonen waren hauptsächlich junge Lehrerinnen und Lehrer, da sich herausstellte, dass die Kinder zu jüngerem Personal schneller eine Beziehung aufgebaut hatten. Die Betreuer konnten mit den Kindern je nach Jahreszeit die Umgebung wunderbar für Spaziergänge, Spiele im Freien, Rodelausflüge oder Skispaß nutzen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Slg. Gottfried Newesely, GoNe-13584, GoNe-13588)
Jetzt hat es mich richtig „gerissen“, Herr Rettenbacher. Buchwies!! Ich gehörte nämlich zu den 493 Buben, die hier untergebracht waren. Zweimal sicher, ich glaub sogar dreimal – muss noch nachdenken. Einmal jedenfalls in den Sommerferien und einmal während der Kohlenferien! Ich habe Buben geschrieben, weil zumindest bei meinen „Urlauben am Bauernhof“ keine Mädchen dabei waren!
Wenigstens habe ich nun auch erfahren, warum ausgerechnet ich da hinunterkam: Tuberkulosegefährdet! Ja, das war ich tatsächlich, mein Vater hatte noch im Krieg TBC aufgeklaubt und ist 1946 an dieser Krankheit verstorben. Im Monat einmal musste ich in die Adamgasse , wo in der ehemaligen Feigenkaffemühle (beim großen Mühlrad) provisorisch das städtische Gesundheitsamt untergebracht war. Ein „Haderling“ war ich auch noch dazu!
Ich wusste, dass der Bauernhof der Stadt Innsbruck gehörte und dass alles von der Stadt ausging, was mir neu ist, dass der Hof ein Geschenk des Peter- Mayer-Bundes war. Das erwecken neue Zusammenhänge: Mein Onkel war Obmann dieses Pradler Vereines!
Nun stauen sich in meinem Kopf zahlreiche Erinnerungen an diese schöne Zeit auf!!
Zum unteren Bild noch ganz schnell: Blick von Buchwies hinunter nach St. Johann. Man sieht durch die Wiesen eine gerade Spur herauf, diese stammte von einem Schlittenaufzug, genau so, wie er in https://innsbruck-erinnert.at/hinaus-ins-land-29/comment-page-1/#comment-16121 beschrieben wurde. Damals war er zwar nicht so nobel, aber es wurden auch hier schon Personen befördert und auch alles, was man für unser Heim brauchte. Straße führte ja damals noch keine herauf!
Lieber Herr Roilo,
als ich den Artikel verfasst hatte, kam ich garnicht auf die Idee, dass ein damals teilnehmendes Kind auf unserer Seite surft. Aber unverhofft kommt ja bekanntlich oft. Es freut mich persönlich sehr, wenn Sie dadurch wieder ins Erinnern kommen 🙂
Eigentlich hatte ich schon gehofft, dass doch noch jemand von den 493 damaligen Buben auf dieser Seite vorbeischaut – aber vielleicht kommt doch noch etwas.
Jedenfalls war ich in den Sommerferien 1947 und in den Kohlenferien 1948 in diesem Ferienlager. Sicher ist auch, dass ich nicht zu denen gehört habe, die bis zu 7 kg zugenommen haben. Zunehmen wird überhaupt bei der Verpflegung in dieser kargen Nachkriegszeit nicht so leicht gewesen sein. Bezüglich des Essens kann ich mich nur mehr an zwei Sachen erinnern: Zum Frühstück gab es zwei Schnitten von einem ein Kilo-Wecken (Schwarzbrot natürlich), und da ein Wecken bekanntlich zwei Enden hat und diese Scherzeln die größere Brotmenge beinhalten, gab es ein mords Gstritt darum. Die Heimleitung verfügte dann, dass jeden Tag andere drankamen! Das zweite war das Neunerln: Tagtäglich gab es eine Schale mit irgendeinen warmen Mehlbrei (kein Muas) und ein paar aufgeschnittenen getrockneten Apfelstückchen drinnen.
Nach dem Mittagessen sollten wir eine Stunde schlafen – meistens war dies eine sehr lustige Angelegenheit!
Darf ich fragen Herr Roilo, sind Sie seitdem wieder einmal in St. Johann gewesen und haben eventuell sogar Buchwies erneut aufgesucht?
Das ist eine sehr interessante Frage! Ja, ich war danach einige Male in St. Johann. Einmal bin ich sogar nach Adlerspoint gewandert, das liegt in einem Almgebiet östlich von St. Johann. Hier verbrachte ich bereits ein Jahr vor Buchwies, also 1946, den Sommer in einem ehemaligen HJ-Heim. Dieses Ferienlager wurde ebenso von der Stadtgemeinde Innsbruck organisiert!
Komischerweise ist mir Buchwies total aus meinem Hirnkastl gefallen und erst ihr Beitrag hat mich wieder in diese Zeit zurückgebracht! Danke, Herr Rettenbacher!
Höchst interessant Herr Roilo! Vielen Dank für Ihre Antwort 🙂
Ich selbst habe nämlich auch mehr oder weniger fünf Jahre meines Lebens (Schulzeit) in St. Johann verbracht. Seitdem bin ich selber kaum mehr dort gewesen. Jetzt habe ich zumindest einen zusätzlichen Grund wieder mal hinzufahren.