Nie zurück! (IV.)
Am 20. August trennen sich die Wege der beiden Schiffe, der Abschied fällt den Besatzungen nicht leicht, aber besonders für die Männer der Admiral Tegetthoff schmerzt er, da nun die letzten Menschen, die sie für die nächsten Jahre sehen würden, nach Süden in See stechen.
Der Wind ist günstig um den Weg nach Nordosten fortzusetzen, aber dennoch kann die Fahrt nur unter Dampf weitergehen, weil das Eis nach wie vor dicht auf dem Meer treibt. Am nächsten Tag versperrt eine gewaltige Eisdecke die Fahrt, es wird beschlossen, an einer großen Eisscholle zu ankern und abzuwarten, bis Wind und Wetter den Weg wieder freigeben.
Doch der folgende Tag, der 22. August, bringt keine Verbesserung, stattdessen wird das Schiff von allen Seiten immer dichter von Eisschollen umringt. Ein Schneesturm kommt auf, die Männer sind damit beschäftigt, das Deck freizuschaufeln, doch Eis und Schnee sind nun ihre ständigen Begleiter. Erstmals seit dem Passieren des Polarkreises sehen die Männer sie Sonne wieder untergehen, wenn auch erst um Mitternacht. Am 01. September versinkt sie jedoch schon um neun Uhr am Horizont.
Die andauernden Schneefälle und die rasch fallenden Temperaturen, zu Beginn des neuen Monats fallen sie auf unter -10°C, machen aus den zahllosen kleinen Eisschollen, die das Schiff umschließen eine solide Eisdecke, in keiner Himmelsrichtung ist mehr Wasser zu sehen – die weiße Einöde reicht bis zum Horizont.
Festgefroren und im Schneesturm gefangen, befeuert Johann Haller erstmals seit dem Beginn der Reise den Ofen in seiner Kajüte. Überall im Innenraum des Schiffes muss bald geheizt werden, da die Temperatur dort bereits allmählich unter den Gefrierpunkt gefallen war. Die Männer verbringen die Zeit damit, die Hunde weiter für die Schlittenfahrt einzulernen, Schlittschuhlaufen und zahlreichen vergeblichen Versuchen, das Eis zu brechen. Mit Sprengladungen, Sägen und Hacken versuchen sie Breschen in die Eisdecke zu schlagen, sämtlich ohne Erfolg. Die Schnitte, die sie mit den Sägen mühsam in das Eis schneiden, frieren in Augenblicken wieder zusammen. Beinahe anderthalb Monate schlagen die Männer jeden Tag eine Bresche in das Eis ringsum das Schiff, in der Hoffnung, die Fahrt rasch wieder auszunehmen, sobald Wind und Wetter einige Risse in das endlose Eis reißen – vergebens. Am 02. September versucht Alexander Klotz sich ein wenig vom Schiff zu entfernen und über das Eis an Land zu kommen als plötzlich ein lautes Donnern losbricht – ausgelöst vom Eis, das sich durch die Stürme verzieht. Es ist ein Vorgeschmack auf das, was die Männer noch erwarten wird.
Das Wetter verschlechtert sich weiter, Mitte September fällt die Temperatur auf -23°C. Immer wieder wecken Sprünge im Eis die Hoffnung der Mannschaft aufs Neue, aber das Schiff bleibt eingeschlossen und treibt mit dem Eis langsam nach Nordosten. Johann Haller ist mit allerlei Arbeiten beschäftigt – neben dem erwähnten Schlittenfahren mit den Hunden näht er einem Offizier eine Kapuze an seinen Mantel, er weitet und repariert Hosen und füttert Schuhe mit Fell. Auch ein paar Hüte Zucker klopft er für die Mannschaft (Zucker wurde damals aufgrund des Herstellungsprozesses oft in dieser Form verkauft und musste vor der Verwendung erst zerkleinert werden, was durchaus Zeit beanspruchte, da er steinhart war).
Am 04. Oktober feiert die Besatzung den Namenstag des Kaisers. Es gibt wie bereits zur Geburtstagsfeier seiner Majestät einen Schießwettbewerb – Haller hält zufrieden fest, dass er den ersten Platz gewonnen hat, Klotz wird Zweiter. Auch lässt er nicht unerwähnt, dass diesmal unter Aufsicht geschossen wird, anders als beim letzten Mal.
(Bildnachweis: Die Admiral Tegetthoff im Eis festgefroren, Gemälde von Ed. Orel, fotografiert von Walter Orel, abgedruckt in Schlern-Schriften Bd. 189, S. 33)