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Müllers Büro

Müllers Büro

Im Vorfeld der Verschmelzung der Wiltener und Innsbrucker Gemeinden dürfte, wie es auf Baustellen manchmal geschieht, auch das eine oder andere scharfe Wort gefallen sein. Die Vereinheitlichung der Baulinien und Straßenfluchten löste seitenlange Beschwerdebriefe der südlich-temperamentvollen Wiltener an die nördlich-rationalen Innsbrucker aus. Um jeden Centimeter wurde da gerungen, im Falle dieses Planes (den man hier interaktiv ansehen kann) um die ersten Häuser der Müllerstraße bzw um die richtige Erfindung der Lieberstraße, die erst Jahrzehnte später diesen Namen erhielt und 1914, dem Ende dieses Disputs, noch Bankstraße hieß. Bis heute fehlen der Müllerstraße wegen dieser Dauerprovisorien die Nummer 8 und die Nummer 12.

Dr. [Reinhold] Zingerle zeichnete namens der Erbengemeinschaft den Vertrag etwas mißmutig mit „zur Kenntnis genommen“ ab, was sicher nicht ganz dem Gemütszustand eines Haus- und Grundbesitzers entspricht, dem man gerade eine Straße in den Garten der Villa gebaut hat.

Diese Villa war lange im Besitz der Tyrolia und vor ihrem Abriss in den 1970ern Schauplatz einer in Innsbruck doch recht seltenen Hausbesetzung. Ein privat erhaltenes Foto zeigt ein Transparent, das fordert: „TYROLIA / SCHIE- / MER / GIB / DAS / LEERE / HAUS / FREI!“. Auf dem Zaun geht es weiter: „TYROLIA | ZWINGT MIE | TER RAUS | & PROFIT | REIN“. Ein Stück Filmgeschichte hat sich in den Beständen des Zeughaus&Bildungsforum-Projekts Bewegtes Leben erhalten: Die ungewöhnliche Abtragung des Windischer-Hauses Müllerstraße 6 (aus einem Bridarolli-Haus von Bertl Engele mit Super-8 gefilmt), über die auch hier schon berichtet wurde.

Interessant sind auch die genannten Eigentümer der anderen Häuser, einem S.[igmund] Singer gehört das Haus Glasmalereistraße 8; der jüdische Bankier hat allerdings selbst nie in Innsbruck gewohnt, das Haus verkaufte er 1928 an die Glasmalerei-Maders. Das Haus Müllerstraße 6 gehört noch dem Fotografen Fridolin Arnold, der es vor 1921 dem noch aktiven Bürgermeister Wilhelm Greil verkaufte.

Heute befindet sich an der Stelle der Zingerle-Tyrolia-Villa nach vielen Jahren des Parkplatzdaseins eine viel besuchte Baustelle, eine Haselsteiner-Strabag-Tochter errichtet hier frei finanzierte Wohnungen.

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