Lebendige Erinnerungskultur
Vor nicht allzu langer Zeit stieß ich bei einem Spaziergang auf diesen einprägsamen Schriftzug (Sie wissen sicherlich auch gleich, wo ich hier bin). Es ist wahrscheinlich auch kein Zufall, dass der sich in der Nähe eines Schulgeländes befindet. Meine erste Reaktion: Ich musste sehr lachen. Andreas Hofer ist – ich erinnerte mich gleich an meine Schulzeit zurück – für so manche Schüler*innen-Generation überhaupt nicht Inbegriff von (modernen) Freiheitsgedanken, sondern erstmals ein verstaubter Unterrichtsstoff, der so manche Prüfung erschwert.
Einen Augenblick nachdem sich mein 16-jähriges Ich geäußert hatte, fiel mir jedoch ein, dass ich jetzt erwachsen bin UND noch dazu städtische Bedienstete, i.e. brave Bürgerin: „Sachbeschädigung“, „Steuergeld“, „Saufratzen“, waren die neuen Schlagwörter in meinem Kopf. Der Grat zwischen lustig und lästig ist oftmals schmal.
Zur Entstehung des Schriftzuges stellt sich die Frage, ob geh scheißen möglicherweise schon vor Andreas Hofer hier war. Die Schrift schaut bei beiden Bestandteilen sehr ähnlich aus, dass sich Andreas Hofer über zwei Zeilen in anderer Farbe vorne dazufügt, könnte ein Hinweis auf ein zweistufiges Entstehungsverfahren sein. Die Schmiererei zeigt auf jeden Fall eines: Andreas Hofer polarisiert in den Köpfen der Menschen auch im alltäglichen Leben, nicht nur in Schulbüchern oder bei landesüblichen Empfängen. Deshalb verdient das „Kunstwerk“ eine Aufnahme in die Tiefen des Stadtarchivs.
(Ein bisschen siegte dann aber doch die 16-jährige Hanna, denn ich ging mit gehobener Laune meines weiteren Spazierweges.)
(Foto: Hanna Fritz, Stadtarchiv Innsbruck, Ph-Dig-2187)
….und vor meinem geistigen Auge steigt automatisch eines der beiden Weiler-Fresken im Hauptbahnhof auf – das mit dem Kaiser Maximilian und den sich duckenden Schützen –
– das ja, wie mir mehr als deutlich erinnerlich, „aus eben diesem Grunde“ bei den Innsbruckern sowohl zu „freudiger Begeisterung“ als auch zu einigen Kontroversen geführt hat.
… vielleicht ist ja gar nicht „unser Volksheld“ gemeint, sondern ein vom Schreiber ungeliebter Zeitgenosse, names A. Hofer?
Vielleicht ist der rote Imperativ – Ausspruch an einen/eine (uns unbekannten und) nicht näher bezeichnete/n Adressaten/in gerichtet, und zwar von von einem (uns ebenfalls unbekannten) Bürger namens Andreas Hofer. Die „Unter“schrift hatte drunter kaum mehr Platz, außerdem wollte sich der Autor nicht soweit runterbücken, weil er´s wohl a bisserl mitm Kreuz hat. Auch die verschiedenen Farben würden darauf hindeuten. Na na, des „Andreas Hofer“ is a Unterschrift, in diesem speziellen Fall wohl als „Nebenschrift“ zu bezeichnen.
Ich denke der Schriftzug Andreas Hofer wurde zuerst schön in Brückenmitte, vermutlich sogar in patriotischer Absicht angebracht und erst später von Anderstdenkenden oder auch einfach als Gaudi „erweitert“.
Wie ich heut Morgen erst sehe, sollte ich wohl ein t zurücknehmen, und nicht so spät am Abend noch kommentieren.