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K.u. K. Kriegsgefangenen-Arbeiter-Abteilung

k.u. k. Kriegsgefangenen-Arbeiter-Abteilung

Als k. k. Landsturm-Oberleutnant diente Ludwig Gattringer (1878-1937) – im Zivilberuf Forstbeamter – während des Ersten Weltkrieges zunächst bei der Eisenbahnsicherungsabteilung Jenbach und später bei den Kriegsgefangenen-Arbeiter-Abteilungen Nr. 1158 bzw. 1765 an der Tiroler Front. Gemäß der Haager Landkriegsordnung (1907) durften kriegsgefangene Soldaten und Unteroffiziere von der Gewahrsamsmacht grundsätzlich für Arbeiten herangezogen werden:

Der Staat ist befugt, die Kriegsgefangenen mit Ausnahme der Offiziere nach ihrem Dienstgrad und nach ihren Fähigkeiten als Arbeiter zu verwenden. Diese Arbeiten dürfen nicht übermäßig sein und in keiner Beziehung zu den Kriegsunternehmungen stehen. Den Kriegsgefangenen kann gestattet werden, Arbeiten für öffentliche Verwaltungen oder für Privatpersonen oder für ihre eigene Rechnung auszuführen. Arbeiten für den Staat werden nach den Sätzen bezahlt, die für Militärpersonen des eigenen Heeres bei Ausführung der gleichen Arbeiten gelten, oder, falls solche Sätze nicht bestehen, nach einem Sätze, wie er den geleisteten Arbeiten entspricht.

Angesichts des großen Arbeitskräftemangels machten alle kriegführenden Staaten von diesem Recht Gebrauch, wobei Kriegsgefangene auch völkerrechtswidrig für Arbeiten im unmittelbaren Front- und Etappengebiet eingesetzt wurden. Wahrscheinlich wurden auch die beiden oben erwähnten Kriegsgefangenen-Arbeiter-Abteilungen, bei denen Ludwig Gattringer diente, völkerrechtswidrig eingesetzt, um die österreichisch-ungarischen Truppen zu unterstützen. In den vier erhaltenen Korrespondenzstücken an seine Frau Paula (1879-?) geht Gattringer aber auf Dienstliches nur am Rande ein. So schrieb er am 5. Mai 1917: „Hier gibt es nicht viel Neues. Die Schiesserei [sic] im Tal hat so ziemlich aufgehört. Die Sache mit dem Wandern bei mir nimmt immer mehr greifbare Formen an. Wenn das wäre, was mir vorgestern in Trient gesagt wurde, wäre es ganz schön und gienge [sic] ich gern.“

Adressseite der Feldpostkarte Gattringers vom 24./25.1.1917. Die Karte wurde vom Innsbrucker Devotionalienhändler Alois Wild gedruckt. (Slg. Kurt Klieber, Privatbesitz).

Aus den letzen Kriegswochen hat sich ein längerer Brief (das dazugehörige Kuvert ist am Titel abgebildet) von Oberleutnant Gattringer erhalten. Darin teilte er seine Frau Paula, die in der Amraserstraße 63 wohnte, mit:

Am Montag und Dienstag habe ich hier das grösste Unwetter erlebt, das ich bis dato kennen gelernt habe. Um 12h mittags fieng [sic] das Gewitter an und dauerte ohne Unterbrechung bis gegen 6h morgens den nächsten Tag. Ununterbrochenes Blitzen und Donnern (fast konnte man die einzelnen Donnerschläge nicht mehr unterscheiden) und dazu wolkenbruchartiger Regen. Überall wo man hinschaute, von allen Hängen herab nur Wasser, Wasser. Unter meiner Villa rann das Wasser durch; doch dürfte dies das Gute gehabt haben, dass die Mäuse ersoffen oder ausgewandert sind, denn seitdem spüre ich keine mehr.
Bezüglich meines Urlaubes nimmt die Sache endlich greifbare Formen an. Es kommt ein Fähnrich als mein Vertreter herauf und kann ich sonach beruhigt abdampfen. Wenn die Sache normal geht, das heisst, dass nichts dazuwischen kommt, komme ich am Samstag, den 13. Oktober um 5h abends [in] Innsbruck an. Würde mich freuen, wenn Du mich mit den Kindern abholen würdest, Das Gepäck kann dann Steiner auf die Bude bringen und wir gehen ins B.B. [=Bürgerbräu] auf ein Bier. […] Freue mich schon riesig, einmal ein paar Wochen von dem Rummel befreit zu sein. Jeden Tag kommen neue Mannschaften an, dann gehen wieder andere fort und alle wollen versorgt sein, es muss für Unterkunft, Essen etz. alles gesorgt werden und ich bin ganz alleine hier. Ja, wenn ich nicht so einen tüchtigen Rechnungs-Unteroffizier hätte, wäre es mir überhaupt unmöglich. So geht es schon und vergeht wenigstens die Zeit schnell und abends kriech ich dann todmüde in die Flohkiste und schlaf wie ein Ratz. Bis ich meinen Urlaub antrete, ist dann alles wieder in Ordnung und das Werkel muss dann wieder wie am Schnürl gehen; das will ich eben noch machen, damit ich dann mit gutem Gewissen meinen Urlaub antreten kann. Morgen über 14 Tage werde ich dann, ein munteres Lied pfeifend nach Predazzo wandern, dort übernachten und dann sonntags in Innsbruck auftauchen. Möge es das Schicksal gnädig lenken, dass nicht etwas Unvorhergesehenes dazwischen kommt.

Tatsächlich war das Schicksal Ludwig Gattringer gnädig, denn durch den Urlaub entging er der Gefahr, im Zuge des Waffenstillstandes am 3./4. November 1918 selbst in Kriegsgefangenschaft zu geraten. Er starb als Oberforstrat im Feber 1937 in Innsbruck.

Todesanzeige aus den IN v. 22. Feber 1937.

(Slg. Kurt Klieber Privatbesitz)

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