Können Sie sich ausweisen?
Franz Brüll konnte. Es hatte ihn auf der Flucht vor dem sicheren Tod mit seinem Bruder Felix Brüll ins ferne Shanghai verschlagen. Dieser Ort war in einem kurzen Zeit-Raumfenster eine der letzten Möglichkeiten für deutsche und österreichische Juden gewesen, der NS-Verfolgung zu entkommen. Die beiden Innsbrucker nahmen einen Ozeandampfer auf die ihnen völlig unbekannte andere Seite der Welt und schafften es irgendwie, sich in einer chinesischen Stadt unter japanischer Besatzung bis ins Jahr 1945 zu retten. Franz Brüll war Fotograf und Sammler. Er hat alle Ausweise aus dem Exil aufbehalten, vom mit dem perfiden „J“ gestempelten deutschen Reisepass über Impfpässe und Versicherungskarten bis zu Flüchtlingsbescheinigungen und Führerscheinen in allen Sprachen der Welt.
Wenn Sie morgen Sonntag noch einen interessanten Streifen anschauen wollen: Im Programm der jüdischen Filmtage, die von der hiesigen Israelitischen Kultusgemeinde veranstaltet werden, wird „Besuch aus China“ gezeigt, ein österreichischer Film mit Tiroler Beteiligung und einer Fluchtgeschichte nach Shanghai. Auch Regisseur Paul Rosdy wird anwesend sein und nach dem Film für ein Gespräch zur Verfügung stehen.