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Jacob Philipp Fallmerayer: Werk Und Gedankengut

Jacob Philipp Fallmerayer: Werk und Gedankengut

Durch meinen letzten Beitrag zum Abu Simbel’schen Graffiti ist mein Interesse an der wissenschaftlichen Tätigkeit Fallmerayers gestoßen. Studenten der Alten Geschichte (also solch eigenwilliger Spezies wie mir) ist er peripher als (Alt-)Orientalist ein Begriff, der Verbindung zu Innsbruck hatte, aber das war’s dann auch schon wieder. Auf der „Historischen Hinweistafel“ in der Fallmerayerstraße ließt sich „Altorientalist und Historiker“. Seine wissenschaftliche Karriere ist bewegt und spannend und einer genaueren Betrachtung würdig.

Jacob Philipp Fallmerayer war gebürtiger Südtiroler, er wurde 1790 in Pairdorf südlich von Brixen als eines von zehn Kindern in eine kleinbäuerliche Familie hineingeboren. Die örtliche Nähe zu Brixen war für seinen Bildungsweg offenbar von Vorteil: Er konnte die dortige Domschule besuchen und wurde vom Fürstbischof von Brixen, Karl Franz von Lodron, in seiner Schul- und Universitätskarriere gefördert. Nach dem Studium der Theologie und Jus in Landshut und Salzburg beschäftigt er sich insbesondere mit altorientalischen Sprachen. Zudem übte er verschiedene Lehrtätigkeiten im süddeutschen Raum aus, darunter war auch ein Lehrauftrag an der Universität München. Ab den 1820er-Jahren erschienen mehrere Publikationen: Von Bedeutung war insbesondere sein erstes größeres Werk Die Geschichte des Kaisertums von Trapezunt (am Schwarzen Meer), welches große Beachtung erfuhr. Ab diesem Zeitpunkt unternahm Fallmerayer immer wieder längere Reisen in den Orient und nach Griechenland, die erste davon 1831-1834 in Begleitung des Russischen Generals Alexander Iwanowitsch Ostermann-Tolstoi.

Fallmerayers spannendstes Werk seiner eigenen Zeit ist sicherlich die Geschichte der Halbinsel Morea [=Peloponnes] (1830), welches große Resonanz hervorrief. In dem Buch postulierte Fallmerayer, dass die Griechen des modernen Griechenland, also jenem Staat in den Grenzen von 1830 (Die Unabhängigkeit großer Teile Griechenlands vom Osmanischen Reich erfolgte am 3. Februar 1830!) keine Nachfahren der „Antiken Griechen“ seien, sondern Nachfahren von im Mittelalter „hellenisierten Slawen und Albanern“. Dieser radikale Ansatz, den er in seinem späteren Werk Neue Fragmente aus dem Orient (1845) relativierte, wurde sowohl von griechischen Gelehrten, als auch von philhellenisch geprägten Deutschen und Österreichern stark angegriffen. In Lehrmeinungen des 19. Jahrhunderts war die Idee des antiken Griechentums als strahlender Vorgänger der modernen westlichen Welt stark vertreten – eine slawische/östliche Prägung – seit dem Napoleonfeldzug rückte Russland mehr in das Bewusstsein der westlichen Allgemeinheit – wurde eher kritisch betrachte. Bis in die 1980er (!!) Jahre wurden daher beispielsweise Fallmerayers Thesen nicht ins Griechische übersetzt. Dem nunmehr als „Panslawist“ geltenden Fallmerayer wurde nach seiner Rückkehr aus dem Orient im Jahr 1834 die Wiederaufnahme der Lehrtätigkeit an der Universität München aufgrund seiner von der allgemeinen Lehrmeinung abweichenden Lehrmeinung verwehrt. In nationalsozialistischer Zeit wurde seine Lehrmeinung instrumentalisiert: Das Regime konnte auf diese Art argumentieren, wie es gleichzeitig die antiken Griechen bewundern (man denke etwa an den Olympia-Film von 1938), die moderne griechische Bevölkerung aber seiner grausamen Besetzungspolitik unterwerfen konnte.

(Anm: eigentlich sollte hier ein Bild von Jacob Philipp Fallmerayer zu sehen sein. Wir haben in den Beständen aber keines und ich wollte nicht in irgendwelchen Stockfotos Fremd-Fischen. daher Bild: Werke Fallmerayers im Stadtarchiv Innsbruck.)

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