Holzmeister grüßt Haydn
Ein interessanter Neubau aus der Feder von Clemens Holzmeister ist in den Planschränken des Stadtarchivs in einigen Entwürfen erhalten. Gebaut wurde dieses Projekt, wie sich bei einem Besuch am Haydnplatz unschwer überprüfen lässt, nie.
Offenbar war zum Zeitpunkt der Entstehung der relativ weit gediehenen Pläne noch keine Öffentlichkeit eingebunden. Keine Zeitung berichtete vom Projekt oder nannte gar Gründe, warum man zunächst gar keinen Ersatz für das Dauerprovisorium ein paar Blocks weiter bauen konnte. Natürlich kann man 1949 immer von Geldmangel ausgehen, aber vielleicht wollten die barmherzigen Schwestern als religiöse Zentrale des Saggens die Kirche näher bei ihrem Mutterhaus wissen.
Die Innenentwürfe stammen aus dem November 1948, die Ausarbeitung der Außenansichten aus dem Juni 1949. Holzmeister, zu diesem Zeitpunkt einer der gefragtesten Planer Österreichs, hat eine nicht wirklich modernen Kirche gezeichnet, die mit dem „Ildefonso“-Streifen ein wenig toskanischen Charme unter den noch an die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts erinnernden massiven Turm zaubern hätte sollen.
Den Ersten Preis beim Wettbewerb Friedenskirche 1919 gewann Alois Welzenbacher (vgl. Werkverzeichnis http://www.loiswelzenbacher.at/?page_id=374).
Interessant ist, dass der Kirchenentwurf von Holzmeister 1949 älter wirkt, als der 30 Jahre ältere (!) Entwurf Welzenbachers . Natürlich sah der Haydnplatz 1949 schon anders aus, als er 1919 konzipiert gewesen wäre, der Entwurf Welzenbachers wäre dort gestanden, wo heute der Haydnplatz nach Osten abgeschlossen ist.
Ich muss mich korrigieren: der Entwurf auf den ich mich bezog, wurde von Welzenbacher später verfasst: 1932.
1919: http://www.loiswelzenbacher.at/?page_id=374 ebenfalls sehr traditionell
1932: eher modern; ein Modell wurde im Rahmen einer Forschungsarbeit des Raumgestaltungsinstituts angefertig; Photos finden man im Ausstellungskatalog der Welzenbacheraustellung 1990
Eine gebaute Friedenskirche aus der Zeit gibt es in Wien 1934/35 https://de.wikipedia.org/wiki/Pfarrkirche_K%C3%B6nigin_des_Friedens_(Wien) , deutlich martialischer im Gestus als der Welzenbacherentwurf aus 1932, der immerhin versucht hat, den Zeitgeist mit seiner Architektur etwas abzufedern.
diese Kirche wäre sicher eine Bereicherung für den Haydnplatz gewesen, tolle Architektur der unmittelbaren Nachkriegszeit von einem herausragenden Architekten!
Im Übrigen habe ich vor längerer Zeit genau von dieser Gegend um den Haydnplatz geträumt und es sah fast genauso aus, nur die städtischen Wohnbauten (beim Verdrossplatz/Sennstrasse) waren so gross, wie der Karl Marxhof und ragten hinten weit in die Gründe der Barmherzigen Schwestern hinein….schon seltsam….auch das Innere der Kirche ist mir aus meinem Traum geläufig….
ich wusste bis dato aber nicht, dass es dieses Projekt tatsächlich gegeben hat!
mit freundlichen Grüssen
Wolfgang Geisler