Höhepunkt im Tiefbau
Wer in den letzten Tagen mit dem Auto in Innsbruck unterwegs war, kommt je nach Denkschule entweder zum Ergebnis, dass man den Südring achtspurig ausbauen müsste oder dass man den Südring besser nie gebaut hätte. Wenige wissen, dass der Südring durch göttlichen Hinweis (siehe Beitragsbild) in einer frühen Ausbaustufe in Planung genommen wurde. Eines Tages erschien der Legende nach wie in einer Terry-Gilliam-Animation in einem Monty Python-Film ein Pfeil am Himmel und Gott sprach zu den Innsbrucker*innen: Hier sollt Ihr eine Brücke bauen.
Die technischen Daten der Brücke sind auf Wikipedia gut zusammengefasst. Zur Eröffnung erschien ein Dreiseiter im Innsbrucker Amtsblatt, der zum Verständnis, welches Goldene Kalb der Moderne hier umtanzt wurde, viel beizutragen hat.
Die Inbetriebnahme von Tiefbauten ist ja als Event meist etwas sperrig, man kennt die etwas abgesehenen Bilder der zuständigen Stadträt*innen die dann in den neuen Tunnel oder auf den verbreiterten Radweg weisen. Daher muss mindestens eine, besser zwei Musikkapellen aufmarschieren, ein kurz vorher erst gespanntes Band durchschnitten werden und drei oder vier philosophische Gedanken zur Welt des immerwährenden Fortschritts und der Verkehrserleichterung für künftige Generationen formuliert werden. Bürgermeister Lugger wird im Amtsblatt so zitiert:
Unser Stadtbauamt hat in den letzten Jahren so viel geleistet, wie es nur selten in der Baugeschichte einer Stadt geschehen kann […] All dies konnte nur durch eine vorbildliche Zusammenarbeit und den restlosen Einsatz aller Aufbauwilligen erreicht werden.
Die Lösung von Verkehrsproblemen wird immer komplexer, nicht nur in der Zusammenarbeit von Straße, Schiene und Luft, sondern auch in der Tatsache, daß das Straßennetz eines Staates, ja eines Kontinentes wie der Blutkreislauf des Körpers, also nur in seiner Ganzheit und Verteilerfunktion gesehen werden kann.
Österreichs Können wird mit der Beurteilung tausender Fachleute auf allen Gebieten standhalten. Wir glauben, als Stadt unseren Beitrag geleistet zu haben. Diese Brücke möge Symbol und Aufgabe unseres Innsbrucker Wappens neuerdings bekräftigen.
Das Bahnhofsgelände zerteilt das Stadtgebiet wie eine klaffende Schlucht. Insofern ist die Olympiabrücke in der Tat ein essentielles Verkehrsbauwerk, um die Stadtteile zu verbinden und innenstädtische Straßen vom Durchzugsverkehr zu entlasten. Durch den Anbau des Fahradweges hat die Olympiabrücke sehr an Attraktivität gewonnen.
Vor ein paar Jahren war auch eine Fußgängerbrücke vom Sillufer über den Frachtenbahnhof nach Wilten im Gespräch, welche bis dato aber leider noch nicht umgesetzt wurde.
Die Brücke war hier zweifellos sehr aufwendig. Am anderer Stelle und in anderen Städten löste man das Problem an den Bahnstrecken und Bahnhöfen häufig mit optisch weniger dominanten Unterführungen. Vielleicht wurde auch das mal kurz in Erwägung gezogen war aber wohl noch teurer. Man stelle sich aber mal vor, dass damals anstelle der Viaduktbögen der ursprünglich geplante Damm errichtet worden wäre. Da hatten wir ja noch mal mächtig Glück und weise Vorausdenker.
Wenn ich beim Brückenbau einen Fehler sehe, dann den, daß man die Brücke damals nicht auch noch über die Leopoldstraße drüber gebaut hat. Und zwar ohne die Konzertbrücke.
Ohne Olympiabrücke wäre, wie schon kommentiert, die Verbindung zwischen Westinnsbruck und Ostinnsbruck auf die paar Durchlässe unter den Viaduktbögen beschränkt. Auch der Bus T verbindet über diese Brücke die Amraserstraße mit der Höttinger Au auf direktem Weg. Und die Brücke hat einen ordentlichen Radweg.
Lieber Niko, diese „Legende“ wurde bereits 1903 auf einem Reißbrett in der Tiroler Landesbaudirektion geboren. In eurem Archiv gibt es dazu den „Baulinienplan für die Fraction Pradl“, Pl-191. Dort ist eine solche Brücke über die damals noch zu verlegende Sill und dem Bahnhofsgelände fast auf dem Meter genau an der Stelle vorgesehen, an der sie dann 60 Jahre später tatsächlich errichtet wurde. Vielleicht kannst du diesen Plan einmal zeigen. Und wer das Buch „Innsbruck im historischen Kartenbild“ besitzt, kann auf Seite 258 an Hand einer grafischen Überlagerung der heutigen Situation mit diesem Plan mit Erstaunen feststellen, wie sich Pradl in den folgenden Jahrzehnten fast genau entsprechend diese Planes entwickelt hat (außer einer vorgesehenen „Pradler-Gürtel-Strasse“).
Ja, eine 10- bis 20-teilige Serie zum Thema „Innsbruck im historischen Kartenbild“ wäre bestimmt enorm lehrreich und eine willkommene Abwechslung.
Wären damals bereits die Konstrukteur*innen unserer Hungerburgbahn am Reißbrett gestanden, hätte die Brücke womöglich lediglich die Sill überspannt und den Bahnhof hüben sowie das Sill Ufer drüben untertaucht.
zum Bahnhofs“problem“ möchte ich meinen, daß sich die Stadt rund um den Bahnhof erweitert hat. Nicht der Bahnhof zerteilt die Stadt. Die Städteplaner ahnten halt nicht, wie enorm sich Innsbruck erweitert. Übrigens gab es einige Pläne, um den Bahnhof auf die Amraser Felder zu verlegen, es gab aber zu viele Widerstände. Die Bahn ist seit der Automobilität ein Feindbild geworden, heute ist es da Auto.