Gestrandet auf einer besonderen Insel
Mitten in der Maria-Theresien-Straße befand sich eine Verkehrsinsel der Innsbrucker Verkehrsbetriebe. Dort landeten die Straßenbahnen der Linien 1, 3 und 4 an. Die Menschen stehen dicht beisammen, darunter scheinen Ausflügler, Touristen, Bürgerinnen und Bürger und andere zu sein. Warum hier so viel los ist, bleibt aber ein Rätsel.
Die ganze Verkehrsinsel ist wohl kaum breiter als 1,5 Meter. Bei dem Gedränge musste es da zu gefährlichen Situationen gekommen sein.
Dahinter, vor dem Breinössl, befanden sich die Haltestellen der Linien: W, N, K, F, S, D, C, A. Wenn ich das richtig lese. Bei manchen Linien wusste ich bisher gar nicht, dass es diese überhaupt gab. Aber das ist natürlich was für die IVB-Kundigen oder die „Kreutz“-LeserInnen. Daraus könnte sich auch eine Präzisierung bei der Datierung ergeben.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck; Kr/Dia-744)
Interessant ist die Gruppeneinteilung. Von links zuerst eine Gruppe Frauen in schönen Sommerkleidern, dann eine Männergruppe, wie frisch aus der Kirche und noch nicht durchmischt. Und dann wieder Frauen, diesmal ältere, langsamer als die jungen Mütter links, haben sich hinten angestellt. Und dann, damals schon, die platzfordenden Ausflügler. Ich nehm an, die hat ein Bus in einem Schwung ausgespieen. Wohin der Ausflug ging? Bei der Ausflüglergruppe trau ich mich zu raten, dass die alle bis Wilten die EInser genommen haben, ins Mittelgebirge, mit der Stubaier weiter, oder Sillschlucht. Nach Vill und Igls mit der 6er, vor der Servitenkirche hätte der schnellere J eine Haltestelle gehabt.
Alles macht ein ruhiges sonntägliches Bild. Ein Teil der Bevölkerung wird schon beim Breinösl im Garten gesessen haben.
Im schmalen Herlangohaus – ein mit dem verschwundenen Optik-Fotogeschäft Herlango vergessener Begriff – gab es damals auch noch die Firma Thonet.
Alles sieht nach Anfang 60er aus, die Frauenmode, auch das Auto paßt dazu. Und den W (Siglanger) und N (Hungerburg) gabs auch nicht früher.
Diese Haltestelle hatte ich überhaupt nicht mehr in Erinnerung.
Das Archiv gibt sie mir wieder zurück! Danke…
Ich fuhr damals immer mit der Linie 1.
Das dürfte das normale Fahrgastaufkommen zur Hauptverkehrszeit gewesen sein, schließlich war Maria-Theresien-Straße ein wichtiger Verknüpfungspunkt verschiedener Tram- und Buslinien, wie auch heute noch, wenn auch ums Eck. Dieser Bahnsteig ist ein weiteres Beispiel für die notorisch unterdimensionierte Infrastruktur an Haltestellen und insbesondere Doppelhaltestellen und Verknüpfungsstationen in Innsbruck. In Graz oder Linz waren schon damals wichtige Haltestellen mit eigener Beleuchtung, Dächern, Sitzgelegenheiten, ausreichend Aufstellfläche und teils auch Fahrkartenschaltern und Kiosken ausgestattet. An der hier abgebildeten Stelle gab es auch ein Mittelgleis, das hatte einfach überhaupt keinen Bahnsteig. Der andere Richtungsbahnsteig war 100 m weiter nördlich – zum Umsteigen natürlich ein Vergnügen. Und die Bushaltestellen waren nur durch Queren von zwei Fahrspuren mit Autoverkehr in der damaligen meines Wissens nach reichlich gefährlichen Ausformung (Auto hat immer Vorrang, fährt immer schnell und darf obendrein grundsätzlich alles) zu erreichen.
Das Foto ist ein gutes Dokument für Minimal-Infrastruktur eines vernachlässigten ÖV-Systems.
Zeitlich befinden wir uns frühestens im April 1958, denn die erste Linie H wurde am 23. April 1958 eröffnet – auf der Bushaltestelle im Hintergrund befindet sich kein „N“, sondern ein „H“. Die zweite Linie N wurde erst 1977 eröffnet, da gab es aber schon seit dem Vorjahr keine O-Busse mehr (die Fahrleitung kann allerdings noch länger hängengeblieben sein). Eine engere zeitliche Eingrenzung kann ich aus den Öffi-Komponenten im Bild leider nicht herauslesen.