Geschlechtsspezifische Kriminalität
Im Mai 1971 wurde in der Tiroler Tageszeitung über die Häufigkeit des Ladendiebstahls berichtet – interessant dabei: Laut Bericht der TT seien 96% der überführten Übeltäter weiblichen Geschlechts. Nun ist man(n) ja ganz froh einmal eine Kriminalstatistik zu sehen, bei der wir Herren nicht meilenweit führen, aber 96% ist ein auffallend hoher Prozentsatz. Vor allem, wenn man bedenkt, dass heutzutage die Verteilung zwischen den Geschlechtern bei diesem Delikt sich 50/50 annähert – und da behaupten manche Feministinnen noch, Männer täten nicht genug für die Gleichberechtigung.
Der erste Gedanke der sich natürlich aufdrängt, um diese Diskrepanz zu erklären, ist, dass der Einkauf damals noch deutlich stärker weibliches Metier war. Somit ist es einleuchtend, dass man den im Artikel erwähnten Herrn Hofrat nicht beim Diebstahl erwischen würde, sondern seine Frau – ihn würde man schließlich gar nicht im Kaufhaus antreffen, ob mit Diebesgut oder ohne. Die 96% sollte man aber vielleicht nicht unkritisch akzeptieren. Statistiken aus anderen westlichen Ländern dieser Zeit zeigen zwar teilweise, dass Frauen auch dort die Mehrheit stellten, aber nicht annähernd über 90%. Allgemein war in den 70er Jahren aber ein starker Anstieg von Ladendiebstählen zu verzeichnen – in der BRD gab es 1977 siebenmal mehr solche Delikte als noch 15 Jahre zuvor. Interessant ist dabei aber auch, wie der Artikel hervorhebt, dass ein nicht geringer Anteil der Übeltäter nicht von Armut getrieben wurden (bzw. werden) – je nach Statistik und Definition von Armut schwanken die Zahlen natürlich, aber wir reden von mindestens 20%.


Titelbild: Das Kaufhaus Tyrol 1976, Signatur Ph-A-24643_2887_0004