Gemütliches Reisen (Abessinien Teil 6)
„[…] also hat das Hotelleben hier auch für uns ein Ende und [es geht] dann auf einige Monate fort von der Zivilisation, ohne dass wir aber alle europäischen Lebensmittel und Gewohnheiten entbehren müssten. Wenn ihr unser Proviantverzeichnis lesen würdet, hättet Ihr zu staunen, was es da alles an Konserven gibt, sogar Backpulver und Hefe ist dabei! Alles wurde in handlichen Kisten verpackt, deren je zwei gerade eine Tragmaultierlast darstellen..“ (Ausschnitt aus einem Brief aus Addis Abeba vom 17.12.1929)
Wir können diese Liste lesen. Den ersten Teil sehen Sie auf unserem Titelbild, den Rest (SammelA-501-05-002/003, SammelA -501-06 -001/002) hier.
Erst am 30.12.1929 schrieb Erwin Hammerle den nächsten Brief an seine Eltern. Sie waren nun schon in der Nähe von Medji. Er schrieb, wie sie sich mit Autos auf den Weg zu ihrer Karawane nach Addis Alem gemacht hatten und wie der erste Nachschub wegen eines Achsenbruchs ihr kleines Lager zwischen Palmen nicht erreichen konnte. Mit ein wenig Umladen auf die zur Hilfe gesandten Lasttiere gelang es dann aber doch noch, den notwendigen Nachschub in das Lager zu bringen, ebenso wie ein paar Briefe. Darunter auch Weihnachts- und Neujahrsgrüße aus der Heimat. Er selbst schreibt von einem zwar gemütlichen, aber doch sehr ungewöhnlichen Weihnachtsfest in der Fremde:
Die Reise verlief recht gemütlich. Bei Tagesanbruch gegen halb sechs Uhr morgens wurde aufgestanden, und während die über 100 Tragtiere beladen wurden, konnten die Reisenden frühstücken (3 Spiegeleier, Bohnenkaffee, Butterbrot mit Marmelade oder Käse).
Die Kühle des Morgens wurde genutzt, um die nächste Strecke zu bewältigen, bevor es gegen Mittag zu heiß wurde und das neue Lager aufgeschlagen werden musste. Während der Zubereitung eines „mitunter einfacheren“ (Zitat aus einem Brief nahe Medji vom 30.12.1929) Mittagsmahls konnte man sich bereits erholen und hatte dann den Nachmittag zur Verfügung, um es sich gemütlich zu machen, ein wenig auf Entdeckungsreise zu gehen oder zu jagen, bis das reichhaltigere Abendmahl serviert wurde.
Abends wurden die Tiere von der Weide ins Lager getrieben und zwischen den 34 im Kreis aufgestellten weißen Bauwollzelten an Pflöcken mit langen Stricken angebunden. Dabei wurden auch die Beine mit etwas kürzeren Stricken leicht zusammengebunden, um ein Ausreißen durch aufscheuchende nachtaktive Tiere zu verhindern. Zusätzlich erhielten die Tiere Berge von Gras zur Beschäftigung.
Die Reisenden selbst lagen ab 21:00 Uhr in ihren strategisch gut platzierten Hauszelten in bequemen Feldbetten und genossen den gesunden Schlaf in freier Natur.
Mehr über die Reise erfahren Sie nächsten Mittwoch.
Amelie Sturm
(Stadtarchiv/Stadtmueum, SammelA-501-05-001)