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Gaffer Am Geländer

Gaffer am Geländer

Wenn sich heute ein Verkehrsunfall ereignet ist die zweite Sorge der Ersthelfer nach der Versorgung der Verletzten die Fernhaltung der Gaffer und Handy-Dokumentarfilmer, die vom Greuel der Situation angezogen werden wie die Motten vom Licht und glauben sie bekommen 15 Minuten Ruhm auf social media für ihre Aufnahmen.

Dieses Massenverhalten ist allerdings kein Auswuchs des 21. Jahrhunderts oder des Digitalen Zeitalters. Und nicht nur Unbeteiligte, sondern auch Profis der Journalistenzunft waren und sind stets fasziniert vom Schauder des Schmerzes und vom Dystopischen der Destruktion. Immer schon hörten rasende Reporter den Polizeifunk ab und begaben/begeben sich auch schnellstem Wege zum Ort der Katastrophe. Auch Richard Müller hat als Stadtchronist begonnen und scheuchte eine Gruppe Gaffer zur Seite, um diesen spektakulär durch die Innpromenadenbefestigung gekrachten Puch zu fotografieren. Für ein verunglücktes Rettungsauto gibt es noch den Doppeldrama-Bonus. Rundherum in Sonntagskleidung und -frisuren (Richard Müller war übrigens gelernter Friseur) fröhliches Innsbrucker Jungvolk, das nach dem Frühgottesdienst noch der Todsüde der Sensationsgier frönt.

Wie das Auto hier gelandet ist, beschreibt Fotograf Müller kurz auf der Negativhülle: Bremsversagen Höttinger Gasse. Zur zeitlichen Einordnung dürfte die Beschriftung des Boliden beitragen. Die „Autotruppe“ gab es so natürlich nur bis 1918. Das Modell ist ein umgebauter Puch VIII Alpenwagen, ambitionierte Sanitäter in Oberösterreich haben sich so einen Wagen sogar in restaurierter Form erhalten.

Was dem Autor dieser Zeilen nicht gelungen ist, war es, einen zeitgenössischen Zeitungsartikel zu dem Ereignis zu finden. Ich habe lange und nach vielen Suchkriterien gestöbert, leider ohne Erfolg. Vielleicht wurde über militärische Unfälle gar nicht berichtet oder ich habe es schlicht übersehen.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare
  1. Näheres dazu gibt es im Archiv der Freiw. Rettung Innsbruck.
    Demnach war dieses Auto ein Kriegssanitätsauto, welches 1918 von der Freiw. Rettung gekauft wurde. Wahrscheinlich war der Unfall auch in diesem Jahr.
    Jedenfalls tat das Fahrzeug noch weiter seinen Denst, bis es 1930 als „Zeiselwagen“ an die Polizei verliehen wurde.

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