Eine Köpenickiade in Innsbruck
Sie kennen sicher folgende Geschichte: 1906, Friedrich Wilhelm Voigt verkleidet sich als Hauptmann des Militärs, findet einen gutgläubigen Soldatentrupp mit dem er in das Rathaus von Köpenick eindringt, den Bürgermeister verhaftet und die Stadtkasse raubt. Er geht in die Geschichte ein als Hauptmann von Köpernick. Wussten Sie aber, dass es wenige Jahre später in Innsbruck zu einem ähnlichen Fall kam? Sozusagen zu einer Köpenickiade in Innsbruck:
Wir schreiben das Jahr 1912, ein ordnungsmäßig gekleideter Postamtsdiener kam zum Fuhrpark der Post, damals wurde die Post ja noch mit Pferdekutschen ausgeliefert, und verlangte ein Extrapostfuhrwerk. Früher hatten Postbeamte noch Uniformen, ähnlich wie ein Gendarm oder Soldat. Der Zauber der Montur führte dazu, dass er die Kutsche ohne weitere Umstände, samt Postillion, also Kutscher erhielt. Darauf hin fuhren sie Bahnhofspostamt. Dort kannte zwar niemand den „Neuen“, der aber tischte die Geschichte auf, er wäre erst vor wenigen Tagen von Meran nach Innsbruck versetzt worden und er solle auf Befehl des Oberkontrolleurs diese Extra-Fahrt machen, quasi als Bewährungsprobe. Da der Beamte der eigentlich diese Fahrt übernehmen sollte gerade nicht zugegen war, ließen sie den vermeintlich neuen Kollegen amtshandeln. Er fuhr also zu den Postämtern in Mariahilf und in der Kiebachgasse und wieder retour zur Poststation am Bahnhof, um die eingesammelten Postsäcke dort abzuliefern. Als man ihn nach dem Übergabeschein fragte, schlug er sich gegen die Stirn. Er hätte ihn nämlich in der Altstadt vergessen, werde ihn aber unverzüglich holen. Im dortigen Postamt angekommen fragte er jedoch nicht nach dem Übergabeschein, dieser ist nämlich nie verloren gegangen, der steckte seelenruhig in seiner Jackentasche. Er fragte nach der neuen Post. Man kannte ihn ja, er war ja gerade erst mit der Postkutsche dagewesen, also übergab man ihm ohne Bedenken die Postsäcke. Und dann war weg. Neben gewöhnlichen Briefsendungen und einem Kleidungspaket konnte er sich 18.000 Kronen an Bargeld ergaunern. Die Briefsendungen fand man auf einem Feld in der Reichenau. Karl Volderauer, so heißt der Mann, wurde später in München verhaftet und den österreichischen Behörden überstellt. Er wurde zu sechs Jahren schweren Kerkers verurteilt, zum Vergleich der Hauptmann von Köpernick musste „nur“ vier Jahre ins Gefängnis.
Hier können Sie noch den Zeitungsbericht der Innsbrucker Nachrichten vom 25. Jänner 1912 über diesen kuriosen Vorfall lesen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, sommer51_0107)
Autor: Jakob Fitzner
„Postwendend“ 🙂 wird der Herr Volderauer (Stubaier?) nicht in die Kiebachgasse zurückgefahren sein, oder ich bin durch die neuen Medien derart von Postsendungen entfremdet worden, daß ich mir nicht vorstellen kann, daß bei sofortiger Rückkehr schon wieder soviel Post zusammengekommen ist. Wie auch immer, ohne es zu ahnen, hat der Postillon von Kiebachnick so schön und froh den ersten Weltkrieg in absoluter Sicherheit verbringen können.
Wie lange gab es in Österreich die letzten Postleruniformen, dunkelblau mit einem orangen Rändchen an der Kappe? Zu Kreiskys Zeiten, als die Exekutive die Pflicht hatte, möglichst soft und harmlos aufzutreten, konnte man die Polizei mit ihren versteckten Pistolen umgekehrt für Briefträger halten.
Das find‘ ich jetzt nett, Herr Hirsch, dass Sie bei diesem Beitrag offensichtlich auch an das Lied vom „Postillon de Longjumeau“ gedacht haben. Mir fällt es jedesmal ein, wenn irgendwo der Begriff Postillon auftaucht. Dann erinnere ich mich „postwendend“ an die früheren sonntäglichen Radio-Wunschkonzert-Sendungen, die sich meine Mutter – meist während des Bügelns – anhörte und dabei oftmals mitsang. Auch dieses Lied gehörte zu ihren „Karaoke-Favoriten“. Ich höre sie grad wieder, im Duett mit Joseph Schmidt …
Liebe Frau Stolz, es freut mich sehr, daß in diesem hochkulturellen Forum diese für Uneingeweihte als sonderbarer Satzteil abgetane Wortfolge die richtige Assoziation ausgelöst hat.
Wenn ich noch ein wenig Off Topic plauschen darf: Die Kombination Wunschkonzert und Hemd mit Bügelkante gab es bei mir zu Hause auch. Spontan erinnerlich sind mir als Dauerbrenner die Untertanentätschel-Hymne „Sei zufrieden, sei zufrieden..“, der Universaltrostschlager „Uff Rägä schiint d’Sunnä..“ mit Marthely Mumenthaler & Vrenely Pfyl, sowie für den im Altersheim Bregenz Geburtstag feiernden Onkel Gebhard das Lied „Mir sin drei Schwöschtere us Dorebirere“, begleitet vom Wunsch „mögest Du noch lange Deinen Humor behalten!“.
Jaaa, Herr Hirsch, das war halt noch „Hochkultur“ in volkstümlicher Form!!!
Ich erinnere mich an einen sams- (oder sonn-) täglichen Spaziergangs-Rückweg durch die Schneeburggasse.
Alle Fenster offen – so daß das „Heimweh“-Lied komplett zu hören war – aufschwellend, wenn man sich dem nächsten Haus näherte – und wieder abschwellend. Das war ca. 1956.
In den Jahren zuvor pflegte noch ein Soldat am Wolgastrand zu stehen und der Wildbach zu rauschen, während Die Fischerin vom Bodensee…mit dem Rucksaqk auf dem Buuuggel… am Hüatl das Edelweiß…(trug)
Eine gute(?) Einnahmequelle für die „Sendergruppe West“ bezw. nach 1955 die immer noch verbundenen Sender Radio Tirol – Radio Vorarlberg.
Täuscht mich das jetzt – oder wurde die „Rundfunkgebühr“ damals nicht auch zweimonatlich vom Briefträger einkassiert – der ja auch für die Großmutter die Altersrente brachte?
s
Das Girokonto für jeden gab es lange nicht. Man bekam den Lohn direkt bar auf die Hand. Daher kein Abbuchungsauftrag sondern Barzahlung, sehr wahrscheinlich beim Postler, ich könnte mich nicht erinnern, daß meine Mutter (der Vater arbeitete ja zu den Amtszeiten) zwecks Rundfunkgebührenzahlung zur Post gegangen wäre. Oder hat es auf der Hauptpost doch einen Schalter gegeben?
Nein, Keine Schwöstera sondern Jungfera!
Imma dat Jenaue! 🙂 Aber richtig, Jungfera, keine Schwöstera. Die gehören nach Frastanz.
Ja, diese Radio-Wunschkonzert-Sendungen, die auch meine Mutter liebte und Vater sie zwar verächtlich als Erbschleicher Sendung abtat, manchmal aber trotzdem mitzusummte.