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Ein Weihnachtsgeschenk Anno 1944

Ein Weihnachtsgeschenk anno 1944

Das obige Foto bildet den Abschluss eines 80 Jahre alten, durchaus außergewöhnlichen Weihnachtsgeschenks. Das mit zwei filigranen Scherenschnitten verzierte kleinformatige Fotoalbum enthält insgesamt 52 Aufnahmen aus Kindergärten des damaligen Kreises bzw. heutigen Bezirks Innsbruck Land, von A wie Absam bis Z. wie Zirl. Außergewöhnlich machen es die Herkunft und Umstände der Gestaltung.

Zusammengestellt hat das Album Agnes Koll 1944 für ihren Chef Karl Reisegger; von dessen Familie gelangte es 2001 ins Stadtarchiv.

Die Innsbrucker Adressbücher weisen Reisegger von 1939 bis 1944 als Kreisamtsleiter der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) aus – nach 1945 ist sein Beruf mit Tischler und Bildhauer angegeben. Seinem Entnazifizierungsakt ist zu entnehmen, dass Reisegger am 6. Mai 1906 in St. Martin im Innkreis geboren worden war und bereits im Sommer 1929 der NSDAP und der SA beitrat. Am 13. Oktober 1938 wurde er Leiter im Amts für Volkswohlfahrt, ab 1942 Abschnittsleiters. Die Tiroler Nachrichten berichteten am 29. Mai 1947, dass das Volksgericht Reisegger für seine Rolle im NS-Regime zu 22 Monaten schwerem Kerker und Vermögensverfall verurteilte.

Agnes Koll hingegen scheint nur in einem einzigen Jahr im Adressbuch auf: 1944, als NSV-Sachbearbeiterin, wohnhaft in der Leopoldstraße 44a.

Das Gebäude gehörte ursprünglich den Kinderfreunden, wurde 1934 von den austrofaschistischen Machthabern übernommen und der Jugendfürsorge übereignet. Von dieser ging es 1938 zur NSV über, das nun Kindergarten und Hort führte. Nach 1945 hatten dort wieder die Kinderfreunde ihren Sitz, die hier bis heute – inzwischen unter der Adresse Dr.-Karl-von-Grabmayr-Straße – eine Kinderkrippe und einen Kindergarten betreiben.

Vertreten sind im Album Absam, Axams, Aldrans, Arzl, Fulpmes, Flaurling, Götzens, Hall i. T., Igls, Hatting, Inzing, Kematen, Lans, Mils, Mieders, Natters, Neder, Neustift, Oberperfuß, Oberhofen, Obernberg, Patsch, Pfaffenhofen, Polling, Rum, Seefeld, Steinach, Sistrans, Sellrain, Scharnitz, Telfs, Thaur, Wattens, Volders, Völs, Mösern, Zirl, Leutasch, Pollinger Berg, Reith b. Seefeld, St. Jodok, Birgitz, Amras.

Das Titelbild stammt übrigens aus der Betreuungseinrichtung Amras.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-A-24366)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. „So wa°r er ja koa schlechter Mensch – aber a Obernazi halt…“ pflegte meine Mutter stets hinzuzufügen , wenn das Gespräch (wie so oft ) auf das Haus Maximilianstraße 3, seine Bewohner – und damit quasi automatisch auch auf den Herrn Reisegger kam.
    Da gab es auch einen Sohn, den Karli.
    Und eine Frau? Anscheinend getrennt – ?
    Jedenfalls war die Reisegger – Wohnung im 3. Stock, östliche Türe.
    Einmal – und daran erinnere ich mich! – hing ein großer Zettel an der Türe. Es dürfte eine Warnung gewesen sein, daß der Bub, der Karli, krank sei. Vielleicht Scharlach & Diphtherie? Jedenfalls erklärte mir Mama, daß man da hohes Fieber habe und alle anstecke, die in die Nähe kämen. Ich war damals 4 – oder 4 1/2, also wars 1942 (evtl. Anfang 1943).
    1994 oder 95 habe der Karli der damaligen Besitzerin ein Foto des Hauses Maximilianstraße 3 angeboten, welches sein Vater nach dem Angriff vom 15.12.1943 gemacht habe. Ich weiß noch, wie meine Mutter reagierte: „Aber das war doch damals streng verboten, Fotos von den Bombenruinen zu machen! Ja, gut – er war ja eh…., da werden sie nicht so streng gewesen sein…“
    Ich nehme an, daß es sich um jenes Foto gehandelt hat, welches auf Seite 66 abgebildet ist – im Band 30, Neue Folge, „Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs“ – „Von Zerstörunbg und Wiederaufbau“ (Das Tagebuch der Innsbruckerin Anna Mutschlechner 1944 – 1951″

  2. Mensch, unglaublich, genau so a Hosn hab i als kleiner Bub in die 50er auch ghabt (durch Fotos belegbar). Also entweder haben die Mütter die damals nach einheitlichem Strickplan gstrickt oder mei Mutti hat sie von den Eltern dieses Buben erstanden (letzteres eher unwahrscheinlich, aber doch nicht ausgeschlossen).

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