Ein interessantes Exlibris und sein Besitzer
Der Dichter Georg Trakl wurde am 3. Februar 1887 in Salzburg geboren. Der expressionistische Lyriker, der sich unter anderem wegen seiner Drogensucht häufig in Geldnöten befand, wurde durch den „Brenner“-Herausgeber Ludwig von Ficker immer wieder unterstützt und gefördert. Im „Brenner“ veröffentlichte Trakl erstmals seine Lyrik und im Dezember 1913 fand in Innsbruck die einzige Lesung Georg Trakls aus seinen Gedichten statt. Der Allgemeine Tiroler Anzeiger berichtete am 13. Dezember 1913 über diese Veranstaltung folgendes: „Der von der Halbmonatsschrift „Der Brenner“ am vergangenen Mittwoch veranstaltete vierte literarische Abend bot dem literarischen Publikum unserer Stadt Gelegenheit, wieder zwei Dichter aus kürzerer Distanz, nämlich am Vorlesetisch, persönlich kennen zu lernen. Robert Michel und Georg Trakl. Michel ist dem Publikum schon durch den „Föhn“ u. den „Brenner“, Trakl nur durch Mitarbeit im letzteren bekannt, doch ist es beiden, nach dem Besuch des Abends zu schließen, nicht gelungen, sich eine eigene Gemeinde zu schaffen. […] Der Dichter [Georg Trakl] las leider zu schwach, wie von Verborgenheiten heraus, aus Vergangenheiten oder Zukünften, und erst später konnte man in den monotonen gebethaften Zwischensprachen dieses schon äußerlich ganz eigenartigen Menschen Worte und Sätze, dann Bilder und Rhythmen erkennen, die seine futuristische Dichtung bilden. Alles wird Bild und Gleichnis in ihm, tauscht sich in seiner Seele zu andern Ausdrucksmöglichkeiten um, die dann dem Menschen von heute noch nicht liegen, aber doch so überzeugend gebracht werden, daß man ihre Möglichkeit glaubt. Allerdings, wann dieses Dichters Zeit gekommen sein wird? — Denn ein Dichter ist dieser stille, alles in sich umtauschende Mensch gewiß, davon überzeugt jedes seiner Gedichte, die Offenbarungen gleich wirken. Aber das Publikum, das von heute und morgen, versteht ihn noch lange nicht, und die Klaköre, die gar so laut taten, am allerwenigsten.„
Beruflich hielt es Georg Trakl, der eine Ausbildung als Apotheker absolviert hatte, nirgendwo lange aus. Er meldete sich 1914 als Freiwilliger für den Ersten Weltkrieg. Trakl erlebte in der Schlacht von Grodek, bei der das österreichische Militär verheerend geschlagen wurde, als Sanitäter die Gräuel des Krieges hautnah. Er erlitt einen Nervenzusammenbruch und wurde ins Krakauer Garnisonsspital eingeliefert, wo er am 3. November 1914 an einer Drogenüberdosis starb. Er wurde zunächst auf dem Krakauer Friedhof Rakowicki begraben. Auf Wunsch seines Freundes und Mentors Ludwig von Ficker wurde sein Leichnam im Jahr 1925 nach Innsbruck überführt und am Mühlauer Friedhof beigesetzt. Am 30. September 1925 berichtete dazu der Allgemeiner Tiroler Anzeiger: „Überführung des Dichters Georg Trakl. Wie wir erfahren, wurden letzte Woche die Gebeine des im November 1914 in Krakau als Opfer des Krieges gestorbenen Dichters Georg Trakl enterdigt, um nach Tirol überführt zu werden. Die Rückführung erfolgt durch das österreichische Schwarze Kreuz auf Veranlassung der persönlichen Freunde des Dichters, der bekanntlich dem Kreis des „Brenner“ angehörte und seine letzten Lebensjahre hier in Innsbrucks verbracht hat. Der Tag der Beisetzung auf dem Friedhof der Gemeinde Mühlau, die voraussichtlich Ende der nächsten Woche stattfinden dürfte, wird noch bekannt gegeben werden. Ein Gedenkbuch „Erinnerung an Georg Trakl“ wird Ende November im Brenner-Verlag erscheinen.“
Das als Titelbild verwendete Exlibris aus der Sammlung Hochenegg wurde vom österreichischen Maler und Graphiker Max Ritter von Esterle entworfen, der von 1909 bis 1910 Mitarbeiter der Zeitschrift „Der Föhn“ und danach bis zu seiner Einberufung als Soldat im Ersten Weltkrieg Karikaturist bei der Zeitschrift „Der Brenner“ war. Er fertigte Porträts und Gemälde südlicher Landschaften an, stellte aber auch Holzschnitte und Radierungen her. Von ihm stammen zahlreiche Exlibris, unter anderem auch das des Lyrikers Georg Trakl.
(Stadtarchiv Innsbruck, Ho-Ex-0906, Ph-A-995-1-010)