Die Freunde vaterländischer Kunst und Wissenschaft
Im heurigen Jahr jährt sich die Gründung des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeums zum 200. Mal. Ideen für die Gründung eines öffentlichen Museums gab es schon um 1800, allerdings dauerte es dann ein knappes Vierteljahrhundert bis aus den ersten Ideen konkrete Pläne und aus diesen tatsächlich ein Museum wurde. Im heutigen Titelbild sehen den Aufruf eines Proponentenkomitees zur Gründung dieses vaterländischen Museums. Darunter befanden sich etwa der Abt von Wilten und führende Beamte des Landes. Da es zu dieser Zeit nicht einfach so erlaubt war, einen Trägerverein für das Museum zu gründen, war die kaiserliche Bewilligung hierzu eine unbedingte Voraussetzung, und diese war, wie aus dem Dokument hervorgeht am 2. März 1823 – also gestern vor 200 Jahren – erfolgt.
Angeschlossen war dem Aufruf ein Entwurf für die Statuten des Vereins, in der auch der Zweck des zu gründenden Museums angeführt wurde. Als solcher wurde benannt, alles,
„was für das Land Tirol in naturhistorischer, artistischer und geschichtlicher Hinsicht interessant und merkwürdig ist, aufzusuchen, das aufgefunden im Original oder in Kopie, kauf- schenk oder leih-weise an sich zu bringen, das so Gesammelte in einem geeigneten Lokale (Musäum) zur Beförderung der National-Bildung aufzustellen, und durch eine von den Mitgliedern des Vereins herauszugebende periodische Zeitschrift gemeinnützig zu machen.“
Dem Aufruf folgten etwa 400 Personen und so konnte am 13. Mai 1823 die konstituierende Sitzung zur Gründung des Museumsvereins stattfinden. Das Protektorat übernahm der Thronfolger Erzherzog Ferdinand und damit war das „Ferdinandeum“ aus der Taufe gehoben. Zunächst war das Museum vor allem der Museumsverein, schon bald konnten aber die ersten Kunstgegenstände und Ausstellungsstücke präsentiert und die Bibliothek eröffnet werden. Anfangs waren diese in Räumen des Lyzeums in der heutigen Theologischen Fakultät untergebracht. Vor allem für die lokale Beamtenschaft und das aufstrebende Bürgertum gehörte der Beitritt zum Museumsverein (Mitgliedsbeitrag 10 Gulden pro Jahr oder ein entsprechendes Geschenk an das Museum) zum guten Ton und war eine Möglichkeit patriotische Gesinnung zu zeigen. Vor allem bot das Museum aber die Möglichkeit, sich fortzubilden und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.
Die Sammlung wuchs durch zahlreiche Ankäufe, Legate und Schenkungen rasch, sodass die Ausstellungsräume im Lyzeum zu klein wurden und der Bau eines eigenen Museumsgebäudes ins Auge gefasst wurde. Der Grundstein hierzu wurde im Oktober 1842 durch Erzherzog Johann, den heimlichen Protektor des Museums, gelegt. Drei Jahre später fand die feierliche Eröffnung statt. Das heutige Gebäude stammt allerdings aus dem späten 19. Jahrhundert, als eine Erweiterung des Museums notwendig geworden war.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Ho-M-102)
Im Text steht pauschal: „Das heutige Gebäude stammt allerdings aus dem späten 19. Jahrhundert.“
Hier sollte man angesichts der komplexen Baugeschichte vielleicht etwas präzisieren, weil nur das äußere Erscheinungsbild und einige Gebäudeteile aus dem späten 19. Jahrhundert stammen, die Grundsubstanz aber älter ist:
Die Grundsubstanz bis zum 1. Stock rührt noch vom Neubau aus den Jahren 1842-1846 her. Das alte Bestandsgebäude wurde dann in den 1880er-Jahren bei einem Umbau um ein Geschoß aufgestockt und der Fassadenschmuck erneuert. 1886/88 wurde zusätzlich die Vorhalle vorgebaut.
Die Grundsubstanz ist somit noch aus den 1840er-Jahren, das äußere Erscheinungsbild und der 2. Stock hingegen in der Tat spätes 19. Jahrhundert.
In den Innsbrucker Nachrichten vom 12. Mai 1923 wird anlässlich der 100-Jahr-Feier des Ferdinandeums in einem aufschlussreichen Bericht erwähnt, dass die Sammlungen in den Anfangsjahren noch nicht um Lyzeum, sondern außerhalb der Stadt im Stift Wilten untergebracht waren. Noch in den 1820er-Jahren war aber auf Grund der wachsenden Sammlungen eine Übersiedlung notwendig:
„Schon 1829 mußten die Museumssammlungen vom Wiltener
Kloster in das Lyzealgebäude, das alte Gymnasium, über-
tragen werden, wo sie in sechs gemieteten Sälen des ersten Stockes
zum erstenmal ausgestellt und an drei Wochentagen dem Publikum
öffentlich zugänglich gemacht wurden. Doch auch dieses Asyl genügte
auf die Dauer nicht und so wurde der Verein 1837 durch eine
größere kaiserliche und landschaftliche Spende in den Stand gesetzt,
Gedanken an die Erbauung eines eigenen Heimes oder dem
Kauf eines bestehenden Hauses näher zu treten.“
Der gebürtig aus Tristach in Osttirol stammende Architekt Anton Mutschlechner war eine sehr interessante Persönlichkeit und wirkte viele Jahre im Großherzogtum Baden. Von seinen Werken sind heute u.a. noch der Haupteingang mit Arkaden am Hauptfriedhof Mannheim von 1841 erhalten.
Seine Vita ist leider auf tragische Weise mit dem Neubau des Museumgebäudes verknüpft, weil er der Überlieferung zu Folge beim Museumsbau einen Schlaganfall erlitt, an dessen Folgen er schon mit 51 Jahren starb.