„Das Befahren dieser Straße….“
…ist während der Kanalisierungs-Arbeiten streng verboten. Stadtmagistrat Innsbruck“. Also, wir befinden uns in der Zeit zwischen 1904 und 1906. Man könnte sich aber auch fragen, wie das möglich sein könnte. Manchmal sorgen Fakten für Rechtstreue.
Hinter dem Schild erkennen wir zwei Mander, die nach echter Arbeit ausschauen. Keine Ahnung, was die hier tun, da es ja keinen Lastenverkehr geben kann. Also braucht es auch keine Dienstleute. Immerhin sind sie auf dieser eher faden Aufnahme doch ein dekoratives Element.
Die eher schmucklosen Häuser verwundern die Betrachter mit den Erdbeben-Strebepfeilern. Wir befinden uns also inmitten richtig alter Bausubstanz. Oder…?
Ja, der geneigte Leser, die geneigte Leserin ahnt es schon längst: Was ich Sie fragen will, ist, wo gehen wir hier eigentlich um?
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck)
Pfarrgasse.
Im Hintergrund dieses wunderbaren Fotos sieht man das Ettl-Haus, welches man auch in diesem aufschlussreichen Beitrag aus der Feder von Herrn Egger bewundern kann:
https://innsbruck-erinnert.at/vorher-nachher/
Das Firmenschild „A. Demetz“ in der Bildmitte verweist auf die Spielwarenhandlung des Alois Demetz. Dieses Geschäft wurde im Mai 1900 eröffnet.
Wir befinden uns mit dem Foto sicherlich im Jahr 1905. Die Innsbrucker Nachrichten vom 10. Feber 1906 berichten über die Kanalisierungsarbeiten und Baustellen in der Altstadt:
„Im Jahre 1905 haben die Arbeiten bei der
Kanalisierung wieder große Fortschritte gemacht.
Nachdem bis Ende 1904 der Hauptkanal bis zur
Innbrücke fertiggestellt und die Stadtteile Renn-
weg, Universitätsstraße, Museumstraße etc. an
die Kanalisation angeschlossen worden waren,
wurde im Jahre 1905 die Kanalisation nahezu
im ganzen früheren Innsbrucker Stadtteil und
verschiedenen Straßen von Wilten fertiggestellt.
Zur Ausführung gelangten in der Bauperiode
1905: der Innrain bis zur Friedhofallee, die
Bürgerstraße, die Anichstraße, die Maria The-
resienstraße, die Andreas Hoferstraße bis zur
Fischergasse, die Maximilianstraße, der Karl
Ludwigplatz, die Fallmerayerstraße, die Adam-
gasse und die gesamte Altstadt. Daß die Ka-
nalisierung der letzteren große Schwierigkeiten
machen würde, war vorauszusehen, doch kann
heute konstatiert werden, daß die Arbeiten tat-
sächlich leichter und schneller vonstatten gingen,
als man erwartete. Nennenswerte Unfälle und
größere Beschädigungen an Häusern sind nicht
vorgekommen. In den meisten engen Straßen
wurde die Kanalisierung nach dem Tunnellie-
rungssystem hergestellt. Bei den Arbeiten in
der Altstadt zeigte sich wie notwendig die Ka-
nalisierung dort war. Der Untergrund der
Altstadt bestand fast vollständig aus verseuch-
tem Moorboden. Es erscheint fast unbegreif-
lich, daß es die Arbeiter in diesem Morast aus-
halten konnten. Große Schwierigkeiten bereite-
ten auch die Arbeiten am Innrain insbeson-
dere wegen des Grundwassers und die Arbeiten
in der Maria Theresienstraße und Leopoldstraße
wegen des regen Verkehrs.“
Erstaunlich was man alles in einem Jahr mit Pickel und Schaufel schaffte. Die vielen Gräben und die Hausanschlüsse noch dazu. Der erwähnte Moorboden unter der Altstadt erstaunt mich sehr. Bei den Grabungen in den Corona Jahren war davon nichts zu sehen. Waren das alte Abwasser und sonstige Entsorgungs-Sünden oder wurde Innsbruck tatsächlich im Sumpf erbaut?
Grad wenn man nicht hinfahren kann, ist ein Dienstmann m.M. doch sehr nützlich. Eine kleine Wiedererkennungsbremse war für eine Sekunde der riesige Baum am Pfarrplatz.
Und die beiden „Verwackelten“ am rechten Bildrand? Elegante Damen – oder Wachleute?
Für mich sind’s ebenfalls elegante Damen die hier ins Bild spazieren. Kaum wurden sie der Kamera ansichtig, blieben sie vermutlich stehen, lächelten und zeigten sich von der besten Seite. Leider zu spät, doch das sah man erst später.
Mich hat die hölzerne Scheibtruhe sehr berührt – arme Bauarbeiter!!
Ja – die Klingeldrähte in die oberen Stockwerke mit dem handlichen Griff! Lausbubenerinnerungen!!
Ich finde das Schild so zeittypisch und fast schon amüsant. Denn entweder ist das Befahren einer Straße verboten oder es ist nicht verboten, aber wenn hier das Befahren „streng verboten“ wird, dann spricht das hochlöbliche Stadtmagistrat dieses Verbot mit seiner ganzen Autorität und drohendem Zeigefinger aus.