Da fehlt doch ein Stück Kirche
Ein unbekannter Fotograf schoss mit seiner Glasplattenkamera im Frühjahr 1906 das Titelbild, das sich heute in der Sammlung des Innsbrucker Stadtarchivs befindet. Warum der Fotograf diesen etwas seltsam anmutenden Bildausschnitt – bei dem der untere Teil der evangelischen Christuskirche „abgeschnitten“ wurde – wählte, wird wohl für immer ungeklärt bleiben. Auch wenn die Motivwahl nicht ganz geglückt ist, so gibt es doch viel Interessantes auf dem Bild zu entdecken. Neben der bereits erwähnten Christuskirche sieht man eine große, unverbaute Fläche, die dem Betrachter einen unversperrten Blick auf den Rennweg ermöglicht. Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Fotos wurde gerade die Brücke, auf der schon ein paar Monate später die Waggons der alten Hungerburgbahn den Inn überqueren sollten, erbaut. Von der Talstation fehlt zu diesem Zeitpunkt noch jede Spur, dafür ist aber ein Großteil der Kettenbrücke gut zu erkennen. Ich bin mir sicher, dass Sie liebe Leserinnen und Leser noch viele weitere interessante Details auf dieser Fotografie entdecken werden.
(Stadtarchiv Innsbruck, Kr-Pl-165)
Auf diesem netten Bild kann man die berühmte Ausaperungsfigur des Falkenträgers bereits ziemlich gut erkennen. Das gleiche Bild hat übrigens auch Herrn Hofinger so gut gefallen, dass er damit fast unlängst einen Beitrag zum Reformationstag illustriert hat:
https://innsbruck-erinnert.at/heute-vor-504-jahren/
Im Hintergrund sieht man das Kloster der Barmherzigen Schwestern, noch ohne Sanatorium. Das wird erst 2010 gebaut werden.
Entlang der heutigen Erzherzog Eugenstraße verläuft heute wie damals die Klostermauer mit dem markanten kleinen Tor.
https://maps.app.goo.gl/9hCZ8mgZoM3c9UMg8
Auch einen Teil der Klosterkirche kann man erkennen. Rechts davon sieht man ein Bauernhaus und davor die südliche Klostermauer. Hier entlang wird später die Sennstraße verlaufen. Die landwirtschaftlichen Gebäude des Klosters standen dort noch bis Anfang der 70er Jahre mit ca. 20 Michkühen, ca. 100 Schweinen, vielen Hühnern und einer Gärtnerei. Der Nachfolgebau befindet sich seither im Osten der Klosterwiese, am Ende der Ing.Etzel-Straße.
Das Sanatorium wurde selbstverständlich 1910 und nicht 2010 gebaut.
Vielleicht wollte der unbekannte Fotograf gar nicht die Christuskirche ablichten, sondern die Hangrutschungen (oder beginnenden Bautätigkeiten) oberhalb des Hohen Weges?
Oberhalb der großen hellen Geländenarbe zwischen Judenbühel und dem Heimgartl erkennt man noch die Mauern des alten jüdischen Friedhofs, der dort bis 1864 bestand.
Gebaut wurde dort nie. Gleich rechts daneben sieht man Strukturen im Hang, die ihn möglicherweise stabilisieren sollten. Noch weiter östlich könnte tatsächlich die von Ihnen angesprochene Bautätigkeit begonnen haben.