Archivding der Woche
Diesmal ist das Archivding der Woche ein kleines faltbares Andachtsbildchen, aufbewahrt in einer kleinen Schachtel. Auf der Außenseite (siehe unteres Bild) ist eine Mariendarstellung mit Kind aufgeklebt und auf der Innenseite ist in der Mitte eine Mariendarstellung ohne Kind abgebildet. Letztere wurde mit verschiedenen Objekten auf einer Wachsplakette angebracht: verschiedene Samen, eine Münze mit Initialen, ein Pfeil, einige Steinchen und Stoffreste, Heiligennamen auf Papier, ein Wachssiegel mit den Buchstaben IHS und ganz oben eine kleine Figur. Das Evangelium S. Johannes wurde unter der Wachsplakette befestigt und kann ebenfalls gefaltet werden – da beidseitig beschriftet. Die Wachsplakette und der Text werden von weiteren Heiligenbildern gesäumt. Bei der Interpretation mancher angefügter Objekte bin ich mir unsicher – tatkräftige Unterstützung ist gerne gesehen.
Im 12. Jh. erhält „Andacht“ aufgrund von Kloster- und Glaubensreformen die Bedeutung „hingebungsvoll an die als gegenwärtig empfundene Gottheit zu denken und ihr möglichst nahe zu sein.“ Der oder die „ErfinderIn“ der Andachtsbilder ist unbekannt. Doch scheinen Forschungen nahe zu legen, dass es sich in ihrer Frühzeit um Miniaturen aus Gebetsbüchern gehandelt haben könnte, die aus ihrem Begleittext losgelöst wurden.1 Im Laufe der Zeit veränderten sich religiöser Sinn und persönlicher Gebrauch der Bildchen. Der Stil erfuhr motivische Einflüsse orientalischer, altchristlicher und geistlich-mythologischer Art.2 Form und Inhalt öffneten sich dem Phantasiereichtum des/r BesitzerIn. Auch dieses Andachtsbildchen zeigt den Wunsch das Wichtigste auf wenig Platz darzustellen und gut geschützt bei sich tragen zu können.
1 Angelika Pürzer, Das Andachtsbild. Frömmigkeit im Wandel der Zeit, St. Ottilien 1998, S, 11.
2 Ebd., S. 15.
Titelbild und Foto im Text: 06.96 Nachlass Josef und Maria Jelinek (Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck)
Text: Martina Pomaro