Leistungsschau Tiroler Lehrlinge
Vom 8. bis zum 15. Juli 1923 fand im großen Stadtsaal eine mehrtägige Veranstaltung statt bei der Tiroler Lehrlinge verschiedenster Berufsrichtungen ihre Arbeiten – die dann teilweise auch prämiert wurden – präsentieren konnten. 354 Lehrlinge nahmen an der Leistungsschau teil. Der Allgemeine Tiroler Anzeiger berichtete am 9. Juli 1923 ausführlich über die feierliche Ausstellungseröffnung:
„Am Sonntag, den 8. Juli, um 10 Uhr vormittags fand im großen Stadtsaale die feierliche Eröffnung der Lehrlingsarbeiten-Ausstellung statt. Zu derselben waren erschienen: Der Landesrat Bernard Zösmayr, der Bürgermeisterstellvertreter Franz Fischer, der Nationalrat Dr. Sepp Straffner, Kammervizepräsident Langl, Präsident Angerer, Kammeramtsdirektor Dr. Egert, Reg.-Rat Tschurtschenthaler, Hofrat Ing. Stipperger, Reg.-Rat Ing. Schober, Institutsleiter Rumpf, alle Genossenschaftsobmänner und ein das letzte Plätzchen füllendes Publikum. Die Ehrengäste und die ausstellenden Lehrlinge versammelten sich im Ausstellungsraume selbst, während die übrigen Festgäste bis zur allgemeinen Besichtigung der Ausstellung am Balkon Platz nahmen. Nach einer einleitenden Begrüßung der Erschienenen durch den Obmannstellvertreter des Ausschusses, Kunstgärtner Anton Fröhlich, der für den erkrankten Obmann, Kunstschlossermeister Robert Platzer einsprang, erklärte der Vizebürgermeister die Ausstellung für eröffnet, indem er auf die Bedeutung eines tüchtigen Gewerbestandes und auf die notwendige Pflege und Erhaltung desselben durch die Erziehung eines leistungsfähigen Nachwuchses hinwies. Nach ihm ergriff Landesrat Zösmayr das Wort, der die Lehrlinge in recht beherzigenswerter Weise ermahnte und aufmunterte. In ähnlichem Sinne sprachen noch der Kammeramtsdirektor Dr. Egert namens der Kammer, der Verbandsobmann Langl und der Präsident des Tiroler Gewerbebundes Romed Angerer.
Es haben im Ganzen 354 Lehrlinge ausgestellt und zwar: 35 Tischler, 33 Zimmerer, 9 Wagner, 14 Sattler, 4 Uhrmacher, 34 Maschinenschlosser, 8 Büchsenmacher, 45 Bau- und Kunstschlosser, 3 Schmiede, 15 Spengler, 1 Kupferschmied, 3 Mechaniker, 15 Schneider, 11 Schneiderinnen, 12 Modistinnen, 1 Schirmmacherin, 11 Schuhmacher, 50 Friseure, 12 Tapezierer, 9 Maler, 2 Photographen, 2 Hafner- und Ofensetzer, 5 Gärtner, 7 Zuckerbäcker, 7 Faßbinder, 1 Buchbinder, 1 Seiler, 5 Buchdrucker, 1 Lithograph, 1 Weißnäherin und 2 Gürtler.
In der Gruppe der Tischler kamen fünf Ehrenpreise und neun erste Preise zur Verteilung, bei den Zimmerleuten 1, bezw. 4, bei den Wagnern 1 und 1, den Sattlern 1 und 2, den Schuhmachern 1 erster Preis, den Uhrmachern 1 erster Preis, Maschinenschlossern vier Ehren- und drei erste Preise, Büchsenmachern 1, bezw. 3, Bauschlossern 1, bezw. 6, Kunstschlossern 1, bezw. 9, Schmiede 1 Ehrenpreis, Spengler, Glaser und Kupferschmiede zusammen 2, bezw. 4, Mechaniker 1 und 1, Schneider und Schneiderinnen 1 und 8, Modistinnen 1 und 2, Schirmmacher 1 Ehrenpreis, Friseure 7 erste, Tapezierer 1, bezw. 2, Maler 3 erste Preise, Photographen kein erster, Hafner und Ofensetzer 2 erste Preise. Gärtner 1 und 2, Zuckerbäcker 1 und 1, Faßbinder 1, bezw. 2, Buchbinder 1 erster, Seiler 1 erster, graphische Berufe 1 Ehrenpreis und 3 erste Preise. Die mit Ehrenpreisen bedachten Lehrlinge haben Hervorragendes geleistet. Ebenso sind die Träger der ersten Preise zu ihrem Können zu beglückwünschen. Manche Arbeitsstücke wie einige mit Ehrenpreisen bedachte Tischlerarbeiten, worunter ein reizender fournierter und eingelegter Schreibtisch, eine Kompressionspfeife in der Gruppe der Maschinenschlosser, ein Spindelstock mit durchbohrter Gußstahlspindel in der Gruppe der Mechaniker, ein Damenkostüm, ein Damenhut, ein Schirm, ein Wagengestell, eine Sitzbadewanne, ein Pferdegeschirr usf. sind Arbeiten, deren sich auch tüchtige Handwerksgesellen nicht zu schämen hätten. Ein leider nur mit dem ersten Preise ausgezeichnetes Kasten-Einsteckschloß gehört seiner vorzüglichen Ausführung wegen auch zu den allerbesten Arbeiten. Auch die Friseure haben dank ihrer von der Genossenschaft ins Leben gerufenen fachlich-gewerblichen Fortbildungsschule ausgezeichnete Arbeiten aufzuweisen. Hervorzuheben sind auch noch die Zimmerleute, Zuckerbäcker und Gärtner.
Die gelungene Ausstellung wurde von den beteiligten Gewerbegenossenschaften im Einvernehmen mit dem Gewerbeförderungsinstitut veranstaltet. Obmann des Arbeitsausschusses ist der Kunstschlossermeister Robert Platzer. Die umfangreichen schriftlichen Vorarbeiten wurden vom Gewerbeförderungsinstitut besorgt. Die Ausstellung ist bis einschließlich Sonntag, den 15. d., täglich von 9 bis 12 und von 2 bis 6 Uhr geöffnet. Eine Umstellung der Besuchszeit wäre sehr zu empfehlen, damit auch die Werktätigen, die für die ausgestellten Arbeiten sicher ein großes Interesse haben dürften, Gelegenheit erhalten, die Ausstellung außer der Arbeitszeit zu besuchen.„
(Stadtarchiv Innsbruck, Fl-757)