Keine weißen Rosen …
… dafür aber Post aus Athen gibt’s heute bei uns. Im Feber 1890 weilte der böhmische Industrielle Christian Geipel (1825-1897) in der griechischen Hauptstadt. Von dort schrieb er an seine Frau Adeline den folgenden Brief, der leider nicht vollständig erhalten geblieben ist:
Da meine Reisegesellschafter ins Theater gingen u. ich nicht mitgehen wollte, finde ich etwas Ruhe um einen etwas längeren Brief schreiben zu können.
Was die Ausrüstung anbelangt, so bin ich sehr froh einen größeren Koffer mitgenommen zu haben, weil wenig Gepäck wohl für den Reiseunternehmer, aber nicht für die Reisenden gut ist, die meisten Reisenden klagen zu wenig Kld. [= Kleidung] etc. mitgenommen zu haben, uns begleitete nämlich von Triest bis hieher immerwährend eine ekelhafte Kälte. Heute Früh hatten wir um 9 Uhr blos 2⁰ Wärme, wir konnten auf den umliegenden Höhen während des Fahrens, weil es immer windig [ist], nur ganz gut Winterröcke u. Winterhandschue vertragen.
Triest gefiel mir, es ist ein lebhaftes Treiben u. ein schöner Hafen, an welchem die größten Schiffe bis in die Stadt fahren können, leider wird das „Deutsch“ daselbst immer mehr zurückgedrängt, ein in der österreichisch-ungarischen Llyodwerfte angestellter deutscher Arbeiter sagte nur: „Früher hatten wir viel deutsche Arbeiter u. blos deutsche u. englische Meister u. Ingenieure, diese wurden mehr noch alle von Triestern [sic], Italienern verdrängt, er, bemerkte er, lasse sich als ehemaliger Soldat nicht verdrängen, u. wir müssen mit unserem Steuergeld den öst.-ung. Lloyd unterstützen, welch … heit [?]! Im ganzen Arsenal ist keine einzige deutsche Aufschrift!
Corfu ist eine schöne Seestadt, von da bis Patras hatten wir stürmisches Wetter.
Patras ist selbst eine nicht üble aufblühende Seestadt […]. Von Patras bis Athend ist ein elend. Gegend, ganz kahle, od. Berge u. nur am Fuße der Berge etwas Wein & …anbau [?], auch die Umgegend von Athen hat blos kahle Berge. Die Fahrt von Patras bis hieher ist abgesehen von den … [?] Bergen sehr schön, links fortwährend das Meer u. rechts die Berge, Korinth ist ein unter aller Beschreibung elendes Nest.
Die Stadt Athen ist eine wunderschöne, neue Stadt mit lieblichen Häusern mit theilweisen Facaden [sic] von ganz Marmor oder mit Marmor u. anderen Steinen gemischt.
Die alten Ruinen u. Denkmäler sind so großartig, daß man nur über den Geist u. Geschmack der alten Griechen staunen kann.
Und damit bricht Geipels Reisebericht leider ab…
Wenn Sie sich nun fragen, was das alles mit Innsbruck zu tun hat, dann kann ich ehrlicherweise nur sagen: nicht viel, aber als Zeitdokument finde ich den Brief sehr interessant. Christian Geipels Tochter Maria (1868-1930) sollte im Sommer 1895 den Apotheker Carl Fischer (1866-1948) heiraten. Kurz darauf übersiedelten die beiden aus ihrer nordwestböhmischen Heimatstadt Asch (heute Aš) nach Innsbruck, wo sie sich in der Bienerstraße niederließen. Vor wenigen Tagen gelangte nun ein Konvult an Korrespondenzen aus dieser Linie der Geipels zu uns ins Stadtarchiv, darunter fand sich auch der oben vorgestellte Brief aus Athen.
(StAI, SammelA-535)
…..womit wir im Villensaggen gelandet sind, wo die für Carl Fischer 1896/97 erbaute Fischervilla (unter Denkmalschutz) steht.
Siehe Beitrag „Villensaggen Richtung NW vom 23.10.23.