Ein barockes Kirchlein und ein Heiliger als Bärenzähmer
Wer heute Lust auf eine kleine Wanderung in den schattigen Wäldern hat, kann mir zum Romediuskirchlein, das oberhalb von Thaur liegt, folgen. Ein historischer Tagebucheintrag über eine Wanderung zur Burgruine Thaur, auf der auch das Kirchlein besucht wurde, kann hier nachgelesen werden.
Die heutige barocke Kirche wurde in den Jahren 1778 und 1779 von Johann Michael Umhauser errichtet, wobei es mehrere Vorgängerbauten gab. Möglicherweise handelte es sich um die Pfarrkirche der Urpfarre Thaur, deren Einzugsgebiet sich von Mühlau bis Mils erstreckte. 1367 lässt sich an dieser Stelle erstmals ein Kirchenbau urkundlich nachweisen.
Die Kirche ist nicht – wie ihr Name vermuten lässt – dem Thaurer Dorfpatron Romedius geweiht, sondern den Aposteln Petrus und Paulus. So zeigt das zentrale Kuppelfresko im Inneren die Übergabe der Himmelsschlüssel an den Heiligen Petrus.
Die Fresken wurden 1779 von Josef und Franz Giner geschaffen. Sie waren Verwandte des Thaurer Krippenschnitzers Johann Giner d. Älteren, dessen bekanntestes Werk die geschnitzte Weihnachtskrippe in der Basilika von Absam ist. Josef Giner war nicht nur ein gefragter Freskant – er schmückte unter anderem die Kirchen von Rinn und Tulfes mit seinen Malereien – sondern widmete sich ebenfalls der Krippe, indem er Darstellungen des Weihnachtsgeschehens mit gemalten Papierfiguren schuf.
Der Hochaltar der Kirche wird von einer Skulptur des Heiligen Romedius, der auf einem Bären reitet, geschmückt. Die Verehrung dieses Heiligen setzte in Thaur erst im 17. Jahrhundert unter Pfarrer Georg Meringer ein.
Der Heilige Romedius findet sich auch an der Fassade des Innsbrucker Doms. Hier wird der Heilige mit seinen typischen Attributen – dem Pilgerstab, der Pilgermuschel und dem Bären – dargestellt. Der Legende nach soll Romedius aus dem wohlhabenden Geschlecht der Grafen von Thaur stammen und seinen ganzen Besitz verschenkt haben, um zum Papst nach Rom zu pilgern. Der Bär verweist auf die Legende, dass der Heilige ein solches Tier zähmte, um auf ihm zum Bischof von Trient zu reiten, nachdem es das für die Reise vorgesehene Pferd zerfleischt hatte.
Der Heilige Romedius nimmt in der Thaurer Bevölkerung noch immer einen besonderen Stellenwert ein. So findet er sich als Skulptur oder Malerei auf zahlreichen Häuserfassaden und viele Thaurer Buben werden – zumindest den zweiten Vornamen betreffend – nach ihm benannt. Sein Gedenktag ist der 15. Jänner.
Beim Kirchlein startet auch der Romedius-Pilgerweg, der 2014 eröffnet wurde. Dieser führt in 12 Tagesetappen von Thaur nach San Romedio im Trentino, wo sich die Gebeine des Heiligen befinden sollen. Der Weg folgt historischen Pfaden über die Alpen und ist aufgrund der Überwindung von 9600 Höhenmetern für geübte Bergwanderer:innen geeignet. In Innsbruck verläuft er zunächst im Osten der Stadt entlang des südlichen Innufers, ab der Mündung der Sill in den Inn dann entlang des Sillufers und schließlich in die Sillschlucht hinein.
Autorin: Maria-Gracia Winkler
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck: Ph-32029; Ph-9789; Fotos Fresko und Kirche: Maria-Gracia Winkler)
Nein, kein Kommentar – nur eine kleine Erinnerung:
Mit einer Gruppe habe ich (wieder) einmal dieses Romedikirchl besichtigt – samt der „eingebrannten Hand“.. Beim Weggehen kam gerade ein Mann aus der Einsiedelei hinterm Kirchl und sperrte die Tür zu.
Neugierig wie immer, sprach ich den Mann anund fragte, wie lange schon kein Einsiedler mehr…usw. und erfuhr unter anderem von gewissen „Unzukömmlichkeiten“ und daß der letzte „Oasiedl“ auf einmal ein „Zwoasiedl“ geworden sei…
Die übrigen Teilnehmerinnen der Gruppe wirkten recht „indigniert“ über dieses mein Benehmen…