Brandopferplatz oder prähistorische Stätte? Vielleicht auch beides?
In meinem vorherigen Beitrag über den Bergisel, sind wir uns ja schon einig geworden, wie historisch relevant der Bergisel ist. Wenn man den Namen „Bergisel“ hört, denken viele vermutlich als erstes daran, dass der Hügel Schauplatz des Kampfes um den Bergisel, unter Führung des Freiheitskämpfers Andreas Hofer war- und das gleich vier Mal. Als Zweites käme mir spontan dann auch noch das Bergiselspringen auf der Schanze in den Sinn.
Eher unbekannt sind aber die Ausgrabungen- für mich als Archäologin natürlich sehr interessant- die sich am Hügel befinden. Funde zeugen von einer frühen Nutzung als Brandopferplatz und einer Siedlung von der Jungsteinzeit bis in die Eisenzeit.
Der Bergisel ist seit langer Zeit als bedeutender archäologischer Fundplatz bekannt. Im Tiroler Landesmuseum befindet sich heute der Rest eines Depotfundes, dessen größerer Teil angeblich „in Wagenladungen fortgeführt und zentnerweise an Glocken- und Gelbgießer verkauft wurde“. Der genaue Fundort ist heute allerdings nicht mehr genau zu lokalisieren.
Bis auf wenige Fundstücke der Spätbronze- und späten Eisenzeit sowie der römischen Kaiserzeit, die wohl teilweise dem Depot unterschoben wurden, datieren die Funde in die späte Hallstattzeit.
Deutlich im Gelände zu erkennen ist außerdem eine Wallanlage. Trotz einer Sondierungsgrabung von Oswald Menghin, dem Vater von Osmund Menghin, der im vorherigen Beitrag bereits genannt wurde, im Jahre 1936 konnte die zeitliche Einordnung der Anlage nicht geklärt werden. Die vom Ausgräber vermutete Datierung ins Mittelalter ist keinesfalls gesichert, nach heutiger Erkenntnis sogar höchst unwahrscheinlich.
Bei Grabungen 1963 kamen außerdem dicke Brandschichten von Schutt und Asche zum Vorschein, die von Keramikfragmenten durchzogen waren. Dieser Befund lässt darauf schließen, dass die Siedlung wohl abgebrannt sein müsste.
Im Zuge der Baumaßnahmen von 1960 bis 1962 für die erste Sprungschanze aus Beton für die Olympischen Spiele im Jahr 1964 sind auf der Kuppe vorgeschichtliche Keramikfunde, Bruchstücke von Bronzeblechen, und mehrere künstlich angelegte Gruben, die denen auf dem Brandopferplatz am Goldbichl sehr ähnlich sind, gefunden worden. Weiters fanden sich zahlreiche vom Feuer gerötete oder gar verschlackte Steine sowie kalzinierte Knochen-hier war also nach damaligem Wissenstand mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem Brandopferplatz, der allerdings schon beim Bau von 1962 weitgehend zerstört worden sein dürfte.
Nun zu den im Foto gezeigten Grabungen von 2001: Hier wurden die künstlich angelegten Terrassierungen untersucht, wobei man mehrere Häuserbefunde (wie im Foto li.) freilegte, von denen auch einige Brandspuren aufwiesen.
Spannend hier ist jedoch eine der gefundenen Haustrukturen. Das Innere des Hauses war mit einer Schicht von Asche und Holzkohlestücken verfüllt, die nicht vom Brand des Hauses herrühren, sondern ganz offensichtlich dort eingefüllt worden war. Darin fanden sich Konzentrationen von verkohlten Bohnen und Cerealien, zahlreicher fragmentierter Fritzens-Sanzeno-Keramik und Unmengen von verschmolzenen Stücken von Bronzeblechgefäßen, eine Sichel, wie auch ein Anhänger einer Gehängefibel. Das Konvolut umfasst eine beträchtliche Zeitspanne. Der Befund erinnert an ähnliche Ausgrabungen im Trentino, bei denen ebenfalls Objekte unterschiedlichster Datierung in der Brandasche „thesauriert“ wurden. Eine Funktion ähnlich von „Schatzhäusern“ wäre hier also in Erwägung zu ziehen.
Weiterführende Literatur:
Osw. Menghin, Urgeschichtliche Feldforschungen in Tirol. Wiener Prähistorische Zeitschrift 23, 1936, 81-135.
L. Zemmer-Plank, Die Ausgrabungen auf dem Bergisel 1963. Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum 48, 1968, 123-148.
Jahresbericht 2001 der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes. Fundber. Österreich 40, 2001, 55-57.
(Titelbild: Ausgrabung 2001 am Bergisel, Signatur Ph-27910, Bild im Beitrag: Ph-27912)
Verfasserin: Laura Madreiter
Tatsächlich hörte ich nie von archäologischen Ausgrabungen am Bergisel, obschon es sehr nahe liegt, dass solche Plätze perfekt zum siedeln waren, bzw. sich als Kultplätze eigneten. Wie man im letzten Beitrag las, deutet auch die Namensherkunft des Bergisel in die selbe Richtung.
Hab auch damals die Ausgrabungen am Arzler Kalvarienberg verfolgt und das Team dort mit Fragen gelöchert.
Dort kamen jene römischen Zeugnisse zu Tage, deren Kenntnis nur mehr in einer alten Geschichte oder Sage überlebte.
Gefunden wurde im Laufe der Geschichte bestimmt viel, doch maximal wurden wertvolle und außergewöhnliche Dinge beschrieben oder gar bewahrt. Erstaunlich und überaus spannend, was man aus den Resten heute herauszulesen vermag, wie die Menschen damals lebten und ticken, und auch die vielen Fragen die wohl unbeantwortet bleiben.