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Un-fass-bare Betrügerei (II.)

Un-fass-bare Betrügerei (II.)

Mit dem letzten Artikel sollte natürlich nicht die Berufsehre der Fassbinder in Frage gestellt werden. Auch wenn der eine oder andere Vertreter der Zunft Fässer mit doppelten Boden herstellte, ging der Rest einem ehrlichen und dringend benötigten Handwerk nach. Heute sind wir daran gewöhnt, dass Aufbewahrungsbehälter aller Art aus Glas, Stahl oder natürlich Plastik bestehen, doch früher mussten Behälter aus Holz diesen Bedarf decken. Der Fassbinder, hierzulande auch Fasser oder Binder genannt, stellte entgegen seinem Namen nicht nur Fässer, sondern auch Eimer, Kübel und weitere Behältnisse aus Holz in allen Größen her.

Der erste Schritt bestand darin, die Dauben (die einzelnen Holzbretter, aus denen die Wand des Fasses besteht) zurecht zu hobeln. Die Dauben mussten seitlich abgeschrägt, und zur Mitte hin verjüngt werden, damit sie biegsam genug waren und sich nahtlos ineinanderfügten. An einem Eisenring wurden anschließend die Dauben zusammengesetzt und am anderen Ende mithilfe eines Fasszuges langsam zusammengezurrt, während weitere Eisenringe auf die Dauben getrieben werden. Ebenso wird das Holz dabei mit Feuer und Wasser behandelt, damit es sich ausreichend biegen lässt. Nun wird das Fass innen noch einmal gehobelt, und die Kimmen für die Böden eingeschnitten. Schließlich erhielt das Fass noch ein Loch, durch welches es befüllt und entleert werden kann.

Beim Schlagen des Holzes wurde, nicht nur beim dem für die Fassbinder, akribisch auf die Mondphasen geachtet – es durfte nur während des abnehmenden Mondes geschlagen werden. Was auf den ersten Blick nach Aberglauben klingt, wurde durch Prof. Ernst Zürcher wissenschaftlich untermauert. Holz, welches während des abnehmenden Mondes, v.a. im Januar und Dezember, gefällt wird, zeigt in vielerlei Hinsicht bessere Eigenschaften als zu anderen Zeitpunkten geschlagenes. Es wird weniger von Pilzen und Flechten befallen, ist dichter und widerstandsfähiger.[1]

(Postkarte (mit politisch fragwürdigem Text, der hier nicht zu sehen ist) die einen Fassbinder bei der Arbeit zeigt – Signatur sommer 10_98)


[1] Ernst Zürcher, Trocknungs- und Witterungsverhalten von mondphasengefälltem Fichtenholz.

Literatur: Oliver Benvenuti, Altes Handwerk in Tirol, Feldkirch 1996.

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