Geschäftsübergabe mit Stil
Am 30. April 1919, heute vor 103 Jahren, etwa um Mitternacht, geschah etwas sehr Ungewöhnliches in der Innsbrucker Gastronomie: Der Wirt der Innsbrucker Bahnhofsrestauration Anton Kiener verabschiedete sich „auf Veranlassung der Verkehrsdirektion der Südbahn“ bei seinen Kunden, bedankte sich für die gehaltene Treue und empfahl diese an seinen hochgeschätzten Nachfolger Karl Moser. Gleich daneben versprach der derart gepriesene ehemalige Direktor, nun Wirt, sein Bestes zu geben und weist, ein halbes Jahr nach dem Kriegsende und ein halbes Jahr vor den größten Hungerkrawallen der Innsbrucker Stadtgeschichte, auf die prekäre Versorgungslage hin. Dies nicht nur in einer kleinen Notiz sondern fast seitenfüllend in der Innsbrucker „Neuesten Morgenzeitung“ wie auch im „Tiroler Anzeiger“.
Fast ebenso groß darunter zwischen zwei antiken Amphoren placiert steht eine Verabschiedung des alten Direktors samt Gemahlin durch die Belegschaft. Man gebe sich, heisst es etwas verklausuliert an den ehemaligen-Kollegen-jetzt-neuen-Chef, der berechtigten Hoffnung hin, dass das bisherige schöne Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Belegschaft auch in Hinkunft fortgesetzt werden möge.
Das Titelbild des Beitrags ist ob seines Stempels wohl danach aufgenommen worden.
Einige Jahre später wurde Karl Moser für sein gastronomisches Wirken mit dem Titel eines Kommerzialrats ausgezeichnet und geehrt.
Kommerzialrat Karl Moser führte die Bahnhofsrestauration bis zum 31.12.1929, bis er sie krankheitshalber in andere Hände gab. Ab 1930 folgte ihm Leopold Biegler nach. Siehe diese Annonce mit der Geschäftsübergabe in der Wochenzeitung „Alpenland“:
https://diglib.uibk.ac.at/obvuibz/periodical/pageview/7183470?query=%22karl%20moser%22
Was immer zur nicht ganz freiwillig erscheinenden Übergabe geführt haben mag, der höfliche Umgang der beiden Herren lässt auf hier ungenannte Beteiligte schließen und nötigt einem zudem – nicht nur aus heutiger Sicht – außerordentlichen Respekt ab.
Tief betrauert von seiner Gattin Anna starb Kommerzialrat Karl Moser am 28. Juli 1938 im 58. Lebensjahr. Er war laut den Matriken am 20. Jänner 1880 geboren und wurde am Friedhof Mühlau bestattet. Die Beerdigung des Verblichenen geschah am 1. August 1938 um 8 Uhr früh. Das ist seine Todesanzeige in den Innsbrucker Nachrichten:
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=19380730&seite=25&zoom=33&query=%22karl%2Bmoser%22&ref=anno-search
Die Witwe Anna Moser geb. Feuchtenhofer überlebte ihren Gatten um 12 Jahre. Sie starb am 20. August des Jahres 1950 mit 76 Jahren und wurde ebenfalls am Friedhof von Mühlau beerdigt.
Karl Mosers Nachfolger Leopold Biegler war Jahrgang 1890 und starb am 3. Mai 1984 mit 94 Jahren. Er ist ebenfalls in Mühlau begraben.