Wirklich kein Aprilscherz
Auch wenn man beim Blick auf das Titelbild misstrauisch werden kann, so versichere ich Ihnen, dass es sich hierbei um keinen Aprilscherz handelt. Lassen Sie mich erklären.
Bei der vorliegenden Aufnahme handelt es sich um eine Fotomontage für ein Projekt, das 1998 vorgeschlagen wurde – den CABLE Liner Innsbruck-Pradl-Süd. Dem Projekt lag eine Studie zugrunde, die durch Zusammenarbeit der Firmen Doppelmayr und Siemens mit dem Institut für Straßenbau und Verkehrsplanung der Universität Innsbruck entstand und auch durch umfassende Unterstützung durch das Amt für Tiefbau (Planung und Neubau) der Stadt Innsbruck erstellt wurde. Das Ziel war die Erstellung einer öffentlichen Nahverkehrsverbindung zwischen dem damals geplanten „Tivoli-Stadion Neu“ und dem Hauptbahnhof.
Da weitere strukturelle und bauliche Veränderung für das Gebiet bereits angedacht waren, rechnete man mit entsprechend erhöhten Verkehrsströmen. Nicht zuletzt durch den geplanten Autobahnanschluss Innsbruck Mitte. Ausgehend von der Errichtung eines leistungsfähigen Touristen-Busparkplatzes beim Tivoli-Neu, war es für die Attraktivität des Parkplatzes wichtig, dass eine schnelle Verbindung in die Stadt vorhanden ist. Hier kam der CABLE Liner ins Spiel.

Dieser sollte die Touristen in nur sechs Minuten vom Tivoli Neu zum Hauptbahnhof befördern. Das konzipierte System des CABLE Liners war eine vollautomatische, spurgebundene, kuppelbare Standseilbahn mit Kabinen auf Drehgestelllaufwerken und einem ausgeprägten Fahrkomfort mit einem Fassungsvermögen von ca. 24 Personen samt Handgepäck. Das System sollte mehrere Benutzervorteile wie Permanentbetrieb oder verringerte Umwelteinflüsse durch schadstoffarmen Betrieb bieten. Zusätzlich wurde nicht ausgeschlossen, dass das neuartige Verkehrsmittel selbst zur Attraktion avanciert.
Manchen LeserInnen könnte das Projekt noch bekannt sein, schließlich wurde darüber auch medial breitenwirksam berichtet. So gab es zum Beispiel in der Februarausgabe 1998 von Innsbruck informiert einen Bericht über das Projekt. Auch in der Tiroler Tageszeitung vom 28. Jänner 1998 findet man einen Beitrag mit dem spitzfindigen Titel „Stadt entdeckt Faible für Cable“.

Das ausgearbeitete Projekt wurde der Stadt präsentiert, jedoch nicht umgesetzt. Mit Blick auf die derzeitige Situation eigentlich schade – aber im Nachhinein ist man eben immer klüger. Übrigens sind Cable Liner nicht von der Bildfläche verschwunden. Die Firma Doppelmayr bietet diese Nahverkehrslösung noch immer an.
Diese Art von Verkehrsmittel nennt sich „Gadgetbahn“ (s.a. https://en.wikipedia.org/wiki/Gadgetbahn) und wäre eine glatte Fehlinvestition gewesen. Das Gleiche gilt auch für ein aktuelles, ähnlich geartetes Projekt. Die Seilbahnlobby, z.B. Doppelmayr oder auch Leitner, versucht in Städten auf der ganzen Welt, solche Anlagen als „urbane Seilbahnen“ in den Varianten Luft- oder Standseilbahn als Ersatz für echte urbane Verkehrsmittel zu verkaufen, in manchen ist es ihnen leider auch gelungen. In Innsbruck wird es ihnen nicht gelingen.
Ich kann mich gut daran erinnern und auch an die Stimme der Vernunft in Form von Gerhard Fritz, der dann auch gemeinsam mit Uschi Schwarzl das Straßenbahnkonzept ins Rollen brachte und damit den öffentlichen Verkehr in Innsbruck geradezu rettete, denn die Existenz des gesamten Tramsystems war politisch gefährdet.
Zum Tivoli gab es schon damals auch das Projekt einer Straßenbahnanbindung, das wegen dieser Gadgetbahn letztlich zu einer erfolglosen und kurzlebige Buslinie mit der Bezeichnung „P+R“ reduziert wurde. Heute wären wir froh, wenn es diese Schienenstrecke schon gäbe, weil wir sie ohnehin benötigen. Siehe auch: https://www.tt.com/artikel/30791529/gruene-ideen-fuer-tram-zum-innsbrucker-tivoli-stadion