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Von Polizisten Und Politessen

Von Polizisten und Politessen

Wie Leserinnen und Leserinnen dieser Seiten wissen, möchten wir hitzige politische Diskussionen möglichst vermeiden. Trotzdem beginnt diese Geschichte mit einem Politikum, nämlich dem geschlechtergerechten Formulieren, vulgo gendern. Dazu gibt es viele Meinungen und Argumente, die in anderen Foren hinlänglich nachlesbar und diskutierbar sind. Klar ist für mich, dass das Bemühen, beide Geschlechter an- und auszusprechen, zum Nachdenken und Nachforschen führt. Natürlich ist das immer wieder einmal umständlich und unbequem, im historischen Bereich ist es aber auch spannend. Da funktioniert es nämlich nicht, einfach pauschal Sternderl, Doppelpunkt etc. hinzuzufügen oder in einem Nebensatz zu erklären, dass Frauen sowieso natürlich auch immer mit gemeint sind. Ganz im Gegenteil stellt sich oft die Frage: Sind tatsächlich Frauen auch damit gemeint?

Der Anstoß zu diesem Beitrag stammt aus unserem in Vorbereitung befindlichen Sammelband zu den Olympischen Spielen in Innsbruck. Für die Sicherheit sorgten unter anderem „2.000 Polizisten, ausgerüstet mit Stahlhelmen und Maschinenpistolen,“ heißt es in einem Beitrag zur Medienberichterstattung 1976. Nur Polizisten? Oder Polizistinnen und Polizisten? Es waren ja immerhin schon die 1970er, könnte man meinen. Aber die Recherche zeigt: Das war immer noch 15 Jahre zu früh für „echte“ Polizistinnen. „Seit 1991 sind Frauen den Männern im Polizeidienst gleichgestellt“, beginnt Werner Sabitzers lesenswerter Beitrag in der Zeitschrift Öffentliche Sicherheit anlässlich des 30-Jahr-Jubiläums 2021.

Auf den ersten Blick überrascht, wie früh Frauen bereits Eingang in den Polizeidienst fanden: „Die erste Frau, die in Österreich mit Polizeiaufgaben betraut wurde, war Franziska Wessely begann ihren Dienst am 1. Juli 1909 in der Wiener Polizei als ‚Polizeiassistentin für Jugendfragen‘,“ so Sabitzer. Auf den zweiten Blick passt das genau in das traditionelle Rollenverständnis, schließlich bearbeiteten Frauen in den kommenden Jahrzehnten gezielt weiblich konnotierte Bereiche: Zielgruppe Kinder, Jugendliche, Frauen bzw. Themen wie Fürsorge, Misshandlung von Kindern und Jugendlichen oder Sittlichkeitsdelikte.

Auch die weitere Geschichte deckt sich mit Entwicklungen in anderen Bereichen: Konnten wichtige Aufgabengebiete nicht mehr adäquat von Männern abgedeckt werden, durften Frauen schließlich zum Zug kommen (man denke an Straßenbahnschaffnerinnen in Kriegszeiten). „Um die Sicherheitswachebeamten in den Städten von der Parkraumüberwachung zu entlasten, wurden ab 1971 Frauen zur Überwachung des ruhenden Verkehrs eingestellt. […] Ihre offizielle Bezeichnung lautete ‚weibliche Straßenaufsichtsorgane‘ (VB/S OStA), umgangssprachlich wurden sie als ‚Politessen‘ bezeichnet.“ Zu den ersten, 1973 ausgebildeten und ab 1974 aktiven Innsbrucker Politessen, hat Verena Kaiser bereits einen Beitrag verfasst.

Ab Ende 1990 konnten sich dann die ersten solchen Straßenaufsichtsorgane mittels einer einjährigen Ergänzungsausbildung zu vollwertigen Polizistinnen weiterbilden. Derzeit erbringt das Suchwort „Polizistin“ in unserer Datenbank aber noch keinen einzigen Treffer.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck Ph-16012)

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