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„Das Maienblasen Auf Dem Innsbrucker Stadtturm“

„Das Maienblasen auf dem Innsbrucker Stadtturm“

Diese Abbildung wurde schon einmal für einen Artikel, der sich mit dem Brauch des „Maienblasens“ beschäftigt, verwendet: Wenn’s Mailüft’l wahnt… – Innsbruck erinnert sich (innsbruck-erinnert.at) Über die Darstellung selbst wurde aber noch nicht berichtet, was ich jetzt in diesem Beitrag nachholen möchte.

Die 10 x 19 Zentimeter große Illustration wurde nach einer Skizze von F. Menter von Fritz Bergen angefertigt und wurde im Jahr 1898 im Heft Nummer 10 der Zeitschrift „Die Gartenlaube: illustriertes Familienblatt“ auf der Titelseite veröffentlicht.

In diesem Heft erschien auch folgende, von Josef Calasanz Platter verfasste Geschichte, die sich auf diese Abbildung bezog: Maienblasen in Innsbruck. Wie in anderen deutschen Städten, so wird auch in der tirolischen Landeshauptstadt Innsbruck der erste Tag des Wonnemonats Mai nach alter Sitte mit Musikklängen freudig begrüßt. Und zwar ist hierfür seit jeher der malerische, altersgraue Stadtturm ausersehen, von dessen Rundgalerie am ersten Mai in früher Morgenstunde die Musik hinausdringt über die Dächerreihen ins freie Land und hinauf zu den Bergen, welche das grüne Innthal umkränzen. Ringsum liegt noch alles in stiller Ruhe, kein Wagengerassel in den Straßen und Gassen, wenig Menschen begegnet man auf den Bürgersteigen, die breite Innbrücke zeigt sich fast gänzlich öde und leer, da knarrt hoch oben in dem fast sechzig Meter bis zur Spitze messenden Stadtturm das Pförtchen zum äußeren Rundgange, und bald nachher tönt die Melodie des „Mailüfterl“ frisch und fröhlich in den sonnigen Morgen hinaus. Aus dem Erkergemach über dem Rundgang streckt Vater Oelhofer, der nun schon bald fünfundzwanzig Jahre lang als sturmerprobter Turmwart hier oben in luftiger Höhe haust, seinen Kopf durch das kleine Fenster und raucht als buchstäblich „höchste“ Persönlichkeit im Auditorium dieses Maienkonzertes ein Morgenpfeifchen, während bald da, bald dort in der Nachbarschaft ein Fenster sich öffnet und Tücher gegen die Turmgalerie geschwenkt werden als Begrüßung sowohl der Maienmusik, als auch des lange ersehnten Wonnemonats selbst. Eine weitere, gewiß „hochgeborene“ Persönlichkeit – da deren Wiege hier oben hoch über dem Getriebe der sonstigen Innsbrucker Menschheit stand – finden wir auf unserem Bilde in des Turmwarts freundlichem Töchterlein, das wohl besonders sich freuen mag, das Alltagsleben auf der Hochwarte der Stadt, nach der langen, eintönigen Winterszeit, durch das melodische Liederkonzert der schmucken Musikanten unterbrochen zu sehen. Von der Umgebung grüßt zunächst unten am alten Stadtplatze der Erker an der einstigen Innsbrucker Herzogsburg mit dem goldenen Dachl zur luftigen Turmgalerie herauf, weiter draußen spannt sich die Innbrücke über den vielbesungenen Alpenfluß, und rings um die von mancherlei spitzen Kuppeltürmen überragten Häuserreihen erheben sich die Berge in all ihrer stolzen Pracht, ernst und wild, starr und schneebedeckt, indes vor den Thoren thalauf und -nieder und im nahen Mittelgebirge schon alles grünt und blüht in voller Frühlingsherrlichkeit. Die Lieder sind bald verklungen, und nun wird’s wieder still und einsam im Turme bis zur Reisezeit im Sommer; dann steigen von den vielen tausend Alpenfahrern, welche die schöne tiroler Hauptstadt besuchen, alltäglich Dutzende zum Stadtturm hinan, da dessen luftiger Rundgang eine reizend schöne Fernsicht auf Stadt und Land, über Berg und Thal gewährt, ein Landschaftspanorama, wie es sonst eben nur auf entfernteren Höhen sich bietet. J. C. Platter.“  

Josef Calasanz Platter, der Autor dieser netten Geschichte, wurde am 17. August 1858 in Thums bei Sterzing geboren. Er besuchte das Gymnasium in Brixen, danach begab er sich einige Jahre auf Reisen. Schon früh betätigte er sich als Schriftsteller, arbeitete aber – um sich ein festes Einkommen zu sichern – bei der Etschregulierungskommission in Bozen. Er war zudem Mitbegründer und Redakteur des ab dem Jahr 1882 in Bozen erschienenen „Tiroler Sonntagsboten“. Ab dem Jahr 1891 war er als Sekretär des Landesverbandes für die vereinigten Kur- und Fremdenverkehrsvereine in Innsbruck tätig. Am 22. März 1905 starb Josef Calasanz Platter in Innsbruck.

(Stadtarchiv Innsbruck, Bi-k-1804)

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare
  1. Interessant ist die „zweierlei“ Perspektive, aus der einerseits das Goldene Dachl – und andererseits der Stadtturm selbst mit dem Winklerhaus(?) gezeichnet sind. Ob es sich beim Zeichner Fritz Berger um den in den 50-er Jahren bekannten Graphiker desselben Namens handelt? (Er hatte im 2. Weltkrieg einen Arm verloren /und ein Auge?/)
    Ebenso interessant das Ofenrohr auf der Ostseite (auf der Westseite hätt’s ja den Anblick verschandelt!)
    Und in der Zeit um 1908, als meine Herkunftsfamilie mütterlicherseits in der Pfarrgasse auf Nr, 8 wohnte, hat meine Großmutter, die Nonna, für eine nahe Bäckerei das Brot für die Türmersfamilie hinauf zugestellt. Sie wußte noch, wieviele Stufen es waren – ich weiß es nicht mehr – und wenn ich jetzt schreibe „64“, so ist das nicht mehr als eine frech behauptete „Hausnummer“.

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