Tirolerisch-Spanische Weihnachten
Bei diesem Mädchen, das auf den ersten Blick wie eine Top-Kandidatin für den Innsbrucker Christkindleinzug wirkt, handelt es sich laut unserer Datenbank um Charlotte Hedwig Habsburg-Lothringen (1921-1989). Verortet ist das Bild bei uns mit Spanien. Links im Hintergrund kann man Wasser erkennen. Dem Alter nach, würde ich die Aufnahme auf 1924 schätzen? Ihr Vater, Karl war bekanntermaßen am 1. April 1922 in der Verbannung auf Madeira verstorben. Zwei Monate später übersiedelte seine Witwe Zita mit den Kindern in die baskische Kleinstadt Lequeitio am Golf von Biskaya.
Vor 100 Jahren, zu Jahresende 1923 lag des Ende des Ersten Weltkriegs und die Einführung der Republik gerade einmal fünf Jahre zurück. Der Kleinstaat Österreich war Realität, die wirtschaftliche Lage blieb angespannt, was aber nicht im Widerspruch dazu stand, für die ehemalige kaiserliche Familie im Exil zu sammeln.
Unter dem Titel „Tiroler Weihnachtsgeschenke für die Familie des Exkaisers Karl„, fassten die Innsbrucker Nachrichten am 29. Jänner 1923 einen Bericht aus anderer Quelle zusammen: „In einem von Sektionsschef Schager im „N. W. I.“ veröffentlichten Berichte über die Weihnachtsfeier in der exkaiserlichen Familie in Lequeitio lesen wir von einem Christbaum, den Tiroler nicht nur in Tirol gefällt, sondern selbst nach Spanien gebracht haben, um den Heimatlosen ein Stück heimatlicher Erde, eine heimatliche Tanne als Weihnachtsbaum zu bringen. Weiter heißt es in dem Berichte: Die braven Tiroler haben noch hundert andere Geschenke mitgebracht. Vor allem eine von Tiroler Künstlern geschaffene wunderschöne Weihnachtskrippe, die Kaiserin-Witwe mit ihren acht Kindern vor der Krippe kniend, in meisterhafter Aehnlichkeit, ein Meisterwerk Tiroler Holzschnitzerei. Aber nicht nur das! Handgestrickte Kleider und Kleidchen für alle Kinder, Hausschuhe und Lederschuhe, denen man es wohl angesehen haben mag, daß das eine Paar ein Schuhmacher der Stadt Innsbruck, das andere ein Dorfschuster in Gries am Brenner verfertigt und gespendet hatte. Und viele andere Geschenke ärmerer und reicherer Tiroler haben sie mitgebracht, sie haben aber auch bares Geld, das Ergebnis einer Sammlung, überbracht, damit das Weihnachtsfest würdig gefeiert werden und die Hausfrau auch ihre treuen Hausleute beschenken könne. Es waren österreichische Kronen, im Lande der Pesetas nicht viel, für österreichische Verhältnisse aber eine schöne Summe.„
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-22494)
Nicht nur nach dem ersten, sondern sogar noch nach dem 2. Weltkrieg hat ein braver kaisertreuer Schützenhauptmann und Kaminkehrermeister Geld gesammelt, um es dem Thronfolger Otto (von) Habsburg nach Amerika zu schicken, da dieser nicht einmal ein zweites Paar Schuhe besitze…
Meiner Mutter blieb vorerst „die Spucke weg“ – und noch an den folgenden Tagen kam sie aus dem Kopfschütteln nicht heraus.
Kein Wunder, daß es mir unvergeßlich geblieben ist….