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Innsbruck Im Winter II

Innsbruck im Winter II

Während ich dies niederschreibe, ist draußen ein schneeweißes Flockengesurr – der erste Schnee, von dem wir wohl hoffen dürfen, dass er liegen bleibe und endlich der Gegend ein winterliches Gepräge verleihe. Seit einigen Jahren besitzt nämlich Innsbruck ein Klima, welches eigentlich über den Brenner hinein­ gehörte. Man ist aus practischen Gründen mit dieser Erscheinung zwar sehr zufrieden, weil sich aus dem Holze, welches nicht verbrannt wird, neue Kinderwiegen zimmern lassen; aber wie es eben immer Käuze geben muß, die anders denken, sind auch bei uns viele – ich gehöre auch dazu, welche einen schneeig-heimlichen, echt deutschen Flockenwinter lieber haben, als einen gedankenlosen Altweibersommer mit sterbendem Blumentrug.

Mit diesen klimatischen Beobachtungen, die man 2025 genau so unterschreiben könnte, begann der damals 29-jährige Schriftsteller Anton Renk (1871-1906) vor genau 100 Jahren seinen launigen Text „Innsbruck im Winter“. Der in Innsbruck geborene Schriftsteller und Volkskundler war seit seiner Gymnasialzeit literarisch tätig, und veröffentlichte ab 1894 fast jedes Jahr ein oder mehrere Werke. Darüber hinaus war er in verschiedenen Zeitschriften aktiv; bei der nationalliberalen Satirezeitschrift „Scherer“ gehörte er der Redaktion an. Wie seine Eltern – die mit 39 bzw. 37 Jahren verstarben – erreichte auch Anton Renk seinen 40. Geburtstag nicht. Er verstarb 1906 mit nur 35 Jahren. Größere literarische Ehren blieben ihm verwehrt, lokal und regional wird er etwa durch die Renkstraße im Saggen oder dem nach ihm benannten Wasserfällen, Klettersteig und Berghütte im Oberinntal gewürdigt. Renk, der selbst begeisterter Alpinist gewesen war, belegte vor 100 Jahren, das heute „alpin-urban“ genannte Freizeitverhalten in Innsbruck:

„In Innsbruck macht man gerne Sonntagnachmittagsausflüge und die dorfreiche Gegend, das nahe Mittelgebirge, bietet Gelegenheit genügend hiezu. Doch da im Winter die Dunkelheit früh eintritt und unsere Bergwege vereist sind und mancherlei Steine des Anstoßes darin zu finden sind, muß man den Straßen nachgehen. […]

Der Rodelsport ist bei uns vor wenigen Jahren neubelebt und von den Erwachsenen mit Eifer geübt worden, wie überhaupt alle natursportliche Thätigkeit als Skiläufen, Winterbergtour, Eisschießen seit dem jugendlich-kräftigen Auftreten des acad. Alpenclubs neu belebt worden ist. Auch das Eis bot bereits heuer seinen breiten, geduldigen Rücken den frostfröhlichen Liebespaaren und ist heuer beim Anblick von Amors, des geflügelten Schufts, Spitzbubenstreichen so weich und gerührt, dass es alsbald zerfließt und die ganze Stahlschuhfreude, wörtlich genommen, in das Wasser fällt. Möge der Eisgott mit den jungen Leuten gnädig sein [….]“

Dass der Eisgott zur Jahreswende 1899/1900, als Renk mutmaßlich seinen Text verfasste, gnädig war, belegt die obige Postkarte. Sie wurde am 9. Jänner 1900 verfasst, von Toni, „einem alten Esel, der heuer wieder aufs Eis gieng“.

(Fortsetzung folgt)

Zitate aus Anton Renk: „Innsbruck im Winter“, in: Reise- und Fremden-Zeitung für Tirol und Vorarlberg, 2. Jg, Nr. 2 (Februar 1900), S. 1-2.

(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck Ph-10037)

Dieser Beitrag hat 4 Kommentare
      1. Hier handelt es sich allerdings um eine zusammengestückelte Panoramaaufnahme S – W – N, links sieht man noch ein Stück der Ausstellungshalle

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