Imperiale Symbolik III. – Die Silberne Kapelle
Das Ableben eines Herrschers oder Landesregenten bedeutet oftmals für die Untertanen der beherrschten Territorien eine gewaltige Zäsur. Neben den oftmals plötzlich auftretenden Regierungswechsel waren auch die Begräbnisfeierlichkeiten und das Gedächtnis, die Memoria, von großer Bedeutung. Dies zeigt sich vor allem in prunkvollen Grabstätten, welche bereits zu Lebzeiten der einzelnen Herrscher geplant und auch verwirklicht wurden. Neben der Kapuzinergruft, auch Kaisergruft genannt, in Wien wurden die Mitglieder des Hauses Habsburg und ihrer Nebenlinien auch in Klöstern und Kirchen außerhalb der Residenzstadt Wien bestattet.
In Innsbruck denkt man sofort an das imposante, aber leere, Grabdenkmal Kaiser Maximilians (1459-1519) und die „Schwarzen Mandern“ in der Hofkirche. Neben dem Grabmal des „letzten Ritters“ ist jedoch noch ein weiterer Landesregent in unmittelbarer Nähe der Hofkirche begraben.
Die Rede ist vom Grabmal Erzherzog Ferdinand II. (1529–1595) und seiner ersten Gemahlin Philippine Welser in der Silbernen Kapelle. Ferdinand II. galt als äußerst kunstsinnig und verkörperte den Typus des humanistisch gebildeten Landesfürsten. Zuerst wird der Bruder des späteren Kaisers Maximilian II. (1527–1576) ab 1547 als Statthalter in Böhmen eingesetzt, bevor ihm im Jahr 1564 die Regentschaft über die gefürstete Grafschaft Tirol übertragen wurde. In den nächsten dreißig Regierungsjahren bis zu seinem Tod erließ Erzherzog Ferdinand II. 1573 eine neue Tiroler Landesordnung, welche vor allem straf- und prozessrechtliche Materien regelte. Als bekennender Katholik galt der Landesfürst als Speerspitze der Gegenreformation in den habsburgischen Ländern. Seine Leidenschaft für Kunst und Kurios führte zum Aufbau großer Sammlungen. So gilt die berühmte Sammlung auf Schloss Ambras mit seiner bedeutenden Harnischsammlung, den Exponaten aus der Kunst und Wunderkammer sowie der Buch- und Porträtsammlung als weltweit einzigartig aufgrund des Umfangs und Alters des Sammlungsbestands.
Auch seine letzte Ruhestätte ließ der Landesfürst prunkvoll ausgestalten. Die silberne Kapelle wurde im Auftrag Erzherzogs Ferdinands vom italienischen Renaissancebaumeister Giovanni Lucchese in den Jahren 1577-1578 als Grabkapelle errichtet. Dabei bedient sich der Baumeister einer Mischung aus Spätgotik und Elementen der Renaissancearchitektur. Der berühmte flämische Bildhauer Alexander Colin aus Mechelen schuf die beiden Grabdenkmäler für Erzherzog Ferdinand II. und Philippine Welser.
Die Silberne Kapelle verdankt ihrem Namen dem kunstvoll gestalteten Altar, der eine silberne Madonna zeigt. Umgebenen ist die gotische Figur von Symboldarstellungen der Lauretanischen Litanei (Marienlob). Der von Anton Ort geschaffene Altar besticht durch seine silbernen Ornamente auf schwarzen Ebenholz und Elementen aus edlen Elfenbein.
Räumlich ist die Kapelle in zwei Abschnitte unterteilt, welche durch ein kunstvoll geschmiedetes Gitter getrennt sind. Im nördlichen Teil der Grabkapelle befindet sich das Grab von Philippine Welser (https://innsbruck-erinnert.at/das-grabmal-der-philippine-welser-in-der-silbernen-kapelle-der-hofkirche/), sowie eine heraldische Darstellung aller Ländereien des Erzherzogs. Der südliche Teil beherbergt in einer Nische das Grab von Erzherzog Ferdinand II. Die mit schwarzem Marmor ausgekleidete Einbuchtung wird durch weiße Marmorplatten ergänzt, die auf die kriegerischen und politischen Leistungen des Erzherzogs verwiesen sollen. Die Grabplatte zeigt den Landesfürsten in bettender Haltung, bekrönt mit dem Erzherzogshut und behangen mit dem Orden des Goldenen Vlies, als ewiges Zeichen seiner weltlichen Macht.
(Titelbild: StAI, Ph – 24757)
Fabian Woloschyn