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Die Befehlsstelle Der Großbatterie Vill (3/3)

Die Befehlsstelle der Großbatterie Vill (3/3)

AutorIn: Barbara Pöll und Pascale Brandstätter

Am heutigen Titelbild posieren vier Männer des Reichsarbeitsdienstes (RAD) vor einer 8,8 cm Flak 37, die vor dem Befehlsbunker der Großbatterie Vill aufgestellt wurde. Im Hintergrund ist der südwestliche Eingang zum betonierten Unterstand sowie die Nordkette zu sehen. Am Erdkampfschild sind sogenannte Abschussmarkierungen angebracht. Die beiden Panzer sowie die Daten 15.12. und 19.12 1943 dürften sich auf die beiden Dezemberangriffe der 15th USAAF auf Innsbruck beziehen, als mehrere Flugzeuge von der Innsbrucker Flak abgeschossen wurden. Die Fotografie wurde von Bernhard Müller (2. von rechts) aus Unterfranken während seines RAD-Einsatzes bei der Batterie 1./577 (RAD 6./330) zwischen März und Juni 1944 aufgenommen (Quelle: Privatsammlung Müller. Vielen Dank für die Überlassung des historischen Fotos).

Geräte und Schriftquellen

Die Befehlsstelle war zentral für die Luftverteidigung und übernahm die Koordination der Flakbatterien, die Erfassung der Lage sowie die Zielzuweisung und Feuerkoordination. Zu ihrer Ausstattung gehörten verschiedene Ortungs- und Beobachtungsgeräte, darunter Radarsysteme wie das Funkmessgerät 39 T(D), ein häufig genutztes Feuerleitradar mit einer Reichweite von 20–30 km (Früh übt sich… – Innsbruck erinnert sich). Das Kommandogerät 40, ein mechanisches Feuerleitrechengerät, berechnete die optimalen Schusswerte für Flakgeschütze, während das Flugmalsi als Umwertungsgerät diente, um Zielwerte bei Ausfall eigener Ortungsgeräte zu übernehmen. Diese technischen Systeme ermöglichten eine präzise Luftabwehr und verbesserten die Treffergenauigkeit der Flakgeschütze erheblich.

(Abb. 8) Rekonstruktionsversuch der Befehlsstelle der Großbatterie Vill nach einer Luftwaffendienstvorschrift von 1943 und zwei Luftbildern aus dem Jahr 1945. Im Zentrum liegt der Unterstand der Befehlsstelle (Blau Räume 1–7) mit Ergänzung der Außenmauern (Schwarz). Er ist umgeben von drei Ständen für Kommandogeräte und zwei Ständen für die Funkmessgeräte (Grafik: monumentGUT | Barbara Pöll)

Eine wichtige Ergänzung zum Baubefund in Vill stellen zeitgenössischen Schriftquellen dar, die einen Einblick in die Ausstattung der Viller Befehlsstelle mit Funkmessgeräten (Fu.M.G.) und Kommandogeräten (Kdo.-Geräten) geben. Außerdem werden die verwendeten Flak-Geschütze sowie die Munition erwähnt.

Laut Gefechtsbericht der Großbatterie Vill vom 21.12.1943 waren am 19. Dezember 1943 – dem Tag des 2. Angriffs auf Innsbruck – ein Funkmessgerät 39 T(D), zwei Kommandogeräte 40 und 12 Geschütze 8,8 cm Flak 37 im Einsatz. Ein weiterer Angriff durch die schweren Bomber der 15th USAAF auf Innsbruck erfolgte am 12. Juli 1944. Zu diesem Zeitpunkt waren neben dem Funkmessgerät T(D) 39, drei Kommandogeräte 40 und 16 Geschütze 8,8 cm Flak 37 einsatzbereit. Am 18.7.1944 bekämpfte die Großbatterie Vill einen Verband von 27 amerikanischen B-17 Bombern und setzte neben den bereits erwähnten Gerätschaften auch ein Flugmalsi 43 ein.

Der Ausbau der Großbatterie Vill ist auch über die wachsende Anzahl der Geschütze von 12 auf 16, später 18 ersichtlich, die sich auf die drei Batterien 1./577 (RAD 6./330), 2./577 und 3./577 verteilten. Die Geschütze 8,8 cm Flak 37 standen entweder auf einem Lafettenkreuz – wie auf der zeitgenössischen Fotografie von 1944 ersichtlich – oder auf einer Betonplatte.

Die Großbatterie Vill war mit maximal 18 Geschützen in drei Batterien ausgebaut (vgl. Abbildung 3 in Teil 1: Die Befehlsstelle der Großbatterie Vill (1 von 3) – Innsbruck erinnert sich). Der Standort der 1./577 (RAD 6./330) und 2./577 lag in der Flur Glas nördlich und südlich der Befehlsstelle, die zeitlich nachfolgende Batterie 3./577 wurden weiter östlich in der Flur Gstans errichtet. Soweit bekannt wurden die sechs Geschütze der 1. Batterie von RAD-Arbeitskräften besetzt. Im Jänner 1944 standen in der 2./577 30 und in der 3./577 28 Luftwaffenhelfer im Einsatz, bei denen es sich um Jugendliche aus den Oberschulen in Hall, Schwaz, Kufstein, Innsbruck und Feldkirch handelte. Im November 1944 stellte das Luftgaukommando VII ungarische Personalbatterien auf, die der 2./577, nach Angaben des Zeitzeugen Oberst a. D. Doblander der 3./577 in der Flur Gstans, zugeteilt wurden.

Im April 1945 wurden 29 Geschütze aus Innsbruck abgezogen. In der Großbatterie Vill ist davon die südwestliche Batterie 2./577 betroffen. Das Luftbild vom 25. April 1945 zeigt bereits sechs leer Stellungen ohne Geschütze.

Eine Publikation der Ergebnisse der archäologischen Dokumentation sowie der Aufarbeitung des historischen Hintergrundes der Befehlsstelle der Großbatterie Vill ist für 2026 geplant.

Quellennachweis:

BArch RL 5/283 (Schwere Flak-Abteilung 577 (o) / Flak-Untergruppe Innsbruck-Nord 1943; Dez.1943, Juni 1944–Juli 1944).

Maritta Horwath/Horst Schreiber, Von der Schulbank ans Geschütz. Die Luftwaffenhelfer in Tirol und Vorarlberg 1943–1945, Innsbruck 1996.

Steven J. Zaloga, Defense of the Third Reich 1941–45, Oxford 2012.

Luftbilddatenbank Dr. Carls, Wien. Quellarchiv: Historic Environment Scotland (HES) Edinburgh, Flugdatum: 12.03.1945, Flugnummer: 32-0866, Bildnummer: 4125.

Luftbilddatenbank Dr. Carls, Wien. Quellarchiv: Historic Environment Scotland (HES) Edinburgh, Flugdatum: 25.04.1945, Flugnummer: 682-1124, Bildnummer: 4011.

(1–2) Titelbild: Privatarchiv Müller. monumentGUT | Barbara Pöll.

(3) Orthofoto Basemap, Vermessung Büro Kofler ZT GmbH, Kartierung: monumentGUT | Barbara Pöll auf Basis historischer Luftbilder von 1945.

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