Den Kinderschuhen entwachsen
Als waschechter Ethnologe hege ich ein besonderes Interesse für die kleinen, scheinbar uninteressanten Objekte unserer Gesellschaft. Schuhe zum Beispiel, sind seit ihrer Erscheinung in verschiedensten Kulturkreisen in ihrer Materialität, Konstruktion, sowie Machart unterschiedlich, jedoch eint sie die Funktion der trockenen Füße, sowie der Schutz der Fußsohle im Allgemeinen. Als kulturelle Praxis, daraus abgeleitet könnte man den Schuh nun als modisches Accessoire weiter betrachten, oder die vielfältige Bezugnahme des Wortes in allerlei Redewendungen, doch damit möchte ich nun niemanden sprichwörtlich „auf den Senkel gehen“.
Stattdessen wollen wir uns einfach nur Erinnern, an Schuhe, die Kinderträume in den Achtziger- und Neunzigerjahren wahr werden ließen. Ich erinnere mich an die Schuhe meiner beiden Onkel, die sie Sommer, wie Winter in Gleins, einem kleinen Dorf oberhalb von Schönberg gelegen, trugen. Dort hatten wir eine kleine Hütte und die Familie verbrachte viel Zeit in den Ferien dort. Ich war nicht älter als Acht und wollte dieses sportlich aussehende Schuh(Kunst-)werk unbedingt mein Eigen nennen. Rückblickend weiß ich ehrlich gesagt gar nicht mehr so genau, ob ich diese Schuhe tatsächlich bekam. Aus diesem Grund möchte ich den Schuh jedoch heute noch besitzen. Erst vor wenigen Jahren fragte ich einen guten Freund der bei dem Sportartikelhersteller der Schuhmarke arbeitet, ob es dieses Modell noch im Handel zu erwerben gibt. Schmunzelnd entgegnete er mir: „Des muss a besonderes Tiroler Phänomen gwesen sein“, und verneinte damit meine Hoffnung auf etwas käufliche Kindheit. Wie Schade! Dabei, so behaupte ich würde sich dieser Schuh heute als neue Auflage, wieder prächtig verkaufen. Dass es sich bei diesem Modell tatsächlich um ein sehr verbreitetes Phänomen der neunziger Jahre handeln musste, ist anhand dieser Fotoaufnahme von einer Aufforstung durch eine Volksschulklasse am „Brunneleboden“, unterhalb des Rechenhofes, im Jahr 1991 zu sehen. Mit freiem Auge erkenne ich alleine auf diesem Bild drei SchülerInnen, welche die Schuhe meiner Kindheit tragen.
Wie Sie, liebe Leser und Leserinnen, meinem Text entnehmen können führt die Art meines Schreibens unweigerlich zu einem Rätsel über den mysteriösen Nahmen des Schuhs. Da ich aber eine besondere Affinität für diesen Schuh hege und nicht davon ausgehen kann, dass dies dem allgemeinen Tenor entspricht, belasse ich es dabei und löse das Rätsel auf, gleichzeitig mit der Bitte versehen den Schuh wieder als Modell zu aktualisieren. Also lieber Adidas Konzern, lass uns Kinder der Achtziger und Neunziger Jahre wieder vom „Jogging High“ träumen.
(Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck, Ph-25083-2,1991)
Autor: Lucas Brand
Das Verschwinden des Jogging High hat auch mich, damals schon längst Erwachsen, sehr enttäuscht. Nie mehr so was Leichtes, Robustes und Passendes gefunden. Ich würde diesen Schuh heute noch tragen, trotz der weißen Farbe.
Ich schätze ab 1988 war das mein einziger und ganzjahres Schuh. Er hat jeweils ein Jahr überlebt, dann war er durch. Weiß, ja zu weiß war er, deshalb habe ich ihn einfach angemalt. Die bunten Schuhbänder kamen vieeeeel später in Mode, da war ich bekleidungstechnisch eher schon/noch bei Espandrillos, die, wenn man im Herbst noch irgendwo eine frisch geteerte Fläche zur Imprägierung der Sohle fand, auch hervorragende Winterschuhe waren 😉
Ob Sie es glauben oder nicht, Herr Brand, nach der Hälfte Ihres Textes war ich mir sicher, es geht um die „Jogging High“. Musste mich sehr beherrschen nicht gleich hinunter zu scrollen, um meine Vermutung schneller bestätigt zu sehen und habe schön brav fertig gelesen.
Ich habe diese Schuhe geliebt, sie waren universell einsetzbar, ein Paar hat’s unversehrt bis auf den Gipfel der Schesaplana und retour geschafft. Noch bevor das jeweilige Ende absehbar war wurden neue nachgekauft, verbunden mit der Hoffnung, dass sie zwar wieder lange halten, aber nicht recht lange so niegelnagelneu aussehen mögen.