Das urbanste Dorf weit und breit…
… war um 1900 das nur noch weitere vier Jahre als eigenständige Gemeinde existierende Wilten. Der wunderschöne vierteilige Plan des Rudolf Tschamler zeigt rot eingezeichnet allein die Bautätigkeit 1890 bis 1893.
Wie im sprichwörtlichen „Wilden Westen“ wurde Haus um Haus, Zeile für Zeile, Block für Block auf die vormals grüne Wiese gestellt. Die Infrastruktur konnte da nicht immer mithalten. Das betraf den fehlenden Kanal und die dafür gefundene kreative Alternativlösung – nämlich Düngung der Gemüserabatte im Innenhof – genauso wie den Mangel an ordentlich befestigten Straßen, die offenbar völlig fehlende Schneeräumung und Straßenreinigung, gar nicht zu reden von einer nennenswerten Beleuchtung. Eine Gruppe besorgter Einwohner des Dorfes Wilten schreibt sich den Frust von der Seele:
Sehr wahrscheinlich wurde dieser Plan anlässlich der Tiroler Landesausstellung für Ausstellungszwecke gezeichnet.
Wie aus den Innsbrucker Nachrichten von 1893 hervorgeht, wurde ein Exemplar dieses Plans auf der Landesausstellung als Exponat in der technisch-wissenschaftlichen Abteilung präsentiert:
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=ibn&datum=18930918&seite=5&zoom=33&query=%22TEMPLWIRT%22&ref=anno-search
Als ich im „Schönegger“ die Wilten-Pläne ab Seite 291 be2trachtete, hatte ich plötzlich wieder die Stimme der alten Frau Maria Rieder im Ohr, einer „Mieterin der ersten Stunde“ – Andreas-Hofer-Straße 53:
„Wia sie insere Häuser da baut haben, da ham sie die Abort vergessen! Dafür hats vier „Häusln“ im Hof geben! Die Klo hams erst spater bei die Stiagnhäuser zuawibaut – und s’Wasser eing’leitet….“
Das waren pro Stockwerk 2 WC für jeweils 3 Wohnparteien und eine „Bassena“ – das Wasser haben sich ab ca. 1955 die Mietparteien dann „auf eigene Kosten“ in die Küche leiten lassen…
Die diesen Wohnblock begrenzende Zeile der 6 Waschküchen kam wohl auch erst später dazu. Erst ebenfalls so nach und nach ab 1955 hieß es:“Stell dir vor, de ham jetzt aa a Waschmaschin‘ kafft! I hab mi eh g’wundert, daß „sie“ nimmer in die Waschkuchl kimmt
Und jetzt sind die Häuser Vergangenheit – und ihre Fassaden, ja, die gehen uns schon ab…
Nachtrag:
I)ch seh gerade, der Waschküchenbau ist schon da – allerdings nicht in „voller Breite“, wie es erst nach Errichtung der Häuser Egger-Lienz-Str. 12-16 nötig war.
Plan: Die „Oanser-Waschkuchl war für die Egger-Lienz-Str. 16 und 18 („weil de am weitesten her haben mit der Wäsch“),
die zwoarer für A.-Hofer-Str.53, Betonboden,
die dreier für Nr. 55 usw. , die hatte einen unregelmäßigen Boden aus Porphyr! Nicht „glatt geschliffen“!
Aber – ein Luxus: Viele Häuser hatten gar keine Waschküche, manche im Keller… Man vergißt das alles viel zu schnell!
Schlüssel am Vortag beim Hausmeister holen