Überfall auf einen Wanderer
Am 13. Oktober 1930 wurde der aus Wels stammende – und zu diesem Zeitpunkt in Mühlau zu Besuch weilende – Matthias Magauer in der Nähe des Gasthauses Schönblick von zwei Männern überfallen. Zum Glück kam er mit leichteren Verletzungen davon, da ein zufällig vorbeifahrender Motorradlenker die Täter zur Flucht veranlasste. Einer der Räuber begann auf der Flucht Selbstmord, der andere konnte bereits einige Stunden später von der Polizei gefasst werden.
Zahlreiche österreichische Zeitungen berichteten über den unerfreulichen Vorfall, so auch die Innviertler Volkszeitung: Am 16. Oktober 1930 erschien dort ein umfangreicher Artikel in dem der Überfall detailliert geschildert wurde: „Vor kurzer Zeit wurde bei Ambras in Tirol auf den Redakteur Gufler aus Innsbruck ein Raubüberfall verübt. Am 13. ds. abends ereignete sich in nächster Nähe der Stadt Innsbruck schon wieder ein schweres Verbrechen, dessen Opfer der Welser Bundesbahnpensionist Matthias Magauer war, der gegenwärtig in Mühlau bei Innsbruck auf Besuch weilt. Während diesmal der Ueberfallene mit leichteren Verletzungen davonkam, erreichte einen der Räuber das gerechte Schicksal. Er sprang über einen 150 Meter hohen Felsen und blieb tot liegen, sein Gehilfe wurde verhaftet. Ueber das Verbrechen wurden folgende Einzelheiten bekannt: Am Montag, 6 Uhr abends, ging der 56jährige Bundesbahnpensionist Matthias Magauer aus Wels vom Rechenhof nach Mühlau zurück. Als er sich dem Gasthause Schönblick näherte, wurde er plötzlich von zwei Burschen, die am Wege gelauert hatten überfallen. Der eine bewarf Magauer mit Steinen, während der andere mit einem großen Stein auf den Kopf des Ahnungslosen einhieb. Glücklicherweise kam der Rechenhofwirt Speckbacher auf seinem Motorrade daher, worauf die Räuber flüchteten. Magauer konnte sich selbst nach Mühlau begeben, wo ihm der Gemeindearzt einen Verband anlegte. Die Gendarmerie Mühlau nahm noch in den Abendstunden die Nachforschungen auf und es gelang ihr in wenigen Stunden, einen der Strolche, einen gewissen Georg Ploner aus Arzl bei Innsbruck, zu verhaften. Der zweite Täter, der ebenfalls aus Arzl stammt und Franz Oertel heißt, wurde anderntags in der Mühlauer-Klamm am Fuße eines Felsens tot aufgefunden. Er soll sich in der letzten Zeit geäußert haben, daß er noch jemanden umbringen und dann sich selbst entleiben werde, weil er sein Leben nicht im Zuchthaus verbringen wolle. Auf der Flucht vor dem Rechenhofwirt Speckbacher stürzte sich Oertel mit den Worten: „Schorschl, nix für unguat, Pfiat di Gott!“ über den Felsen und blieb tot liegen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Oertel auch den Mordüberfall auf den Redakteur Gufler verübt oder daran sich beteiligt hat.“
Im Allgemeinen Tiroler Anzeiger vom 16. Oktober 1930 wurde über die Täter, die beide keine unbeschriebenen Blätter waren, Folgendes berichtet: „Der eine der beiden Täter Georg Ploner wurde am 13. d. noch um 23 Uhr dem Gefangenenhause des Landesgerichtes Innsbruck eingeliefert. Die Leiche des toten Franz Oettl wurde dem gerichtlich-medizinischen Institute übergeben. Georg Ploner ist seit längerer Zeit arbeitslos. Er hätte wegen Tierquälerei vorgestern eine dreitägige Arreststrafe antreten sollen. Er leugnet jede räuberische Absicht und auch jede dem Falle vorangegangene Verabredung. Er meint, dies sei dem Oettl plötzlich eingefallen und dieser habe den Entschluß, ohn[e] ihn vorher kundzutun, in die Tat umsetzen wollen. Maggauer bezeichnet Oettl als denjenigen, von dem er die Verletzung erlitt. Er zeigt eine ziemliche Wunde in der Jochbeingegend. Das Jochbein selbst ist nach ärztlichem Ausspruche gesprengt. Immerhin ist er reisefähig und äußerte die Absicht, in seine Heimat zurückzukehren. Vor der Tat hielten sich die beiden Strolche im Gasthause Schönblick auf. Dort dürften sie die Verbrecherabsicht gefaßt haben. Ob sie auch als Täter des Ambraser Mordfalles in Betracht kommen, bedarf noch weiterer Feststellungen. Beide sind als rohe, brutale und gewalttätige Patrone bekannt. Oettl hatte eine Gerichtsverhandlung und Abstrafung wegen körperlicher Beschädigung zu gewärtigen. Die Verhandlung sollte ebenfalls nächster Zeit stattfinden. Andererseits soll er schon öfters Selbstmordabsichten geäußert haben. So auch kürzlich an seiner Arbeitsstelle. Er war als Hilfsarbeiter bei der Baufirma Wörle beschäftigt. Am 12. d. suchte er in selbstmörderischer Absicht in den Inn zu springen, wurde aber von Bekannten daran gehindert.“
Das Opfer des Überfalls, Matthias Magauer, hatte wohl mehr als genug bei seinem Besuch in Tirol erlebt und wollte nur noch schnellstmöglich zurück in seine Heimatstadt reisen. Wie hoch die Strafe für Georg Ploner ausfiel ist mir leider nicht bekannt.
Anmerkung: In beiden Zeitungsartikeln wurden die Namen des Opfers und eines Täters in unterschiedlicher Schreibweise angegeben: Oertel / Oettl und Magauer / Maggauer.
(Stadtarchiv Innsbruck, Sommer 6-185)