Wirtschaft im Mosaik
Das Gebäude in der Meinhardstraße 14 wurde zwischen 1900 und 1902 nach den Plänen des Münchner Architekten Ludwig Lutz errichtet. Es war ursprünglich als Kammergebäude und Gewerbemuseum geplant und beherbergt bis heute die Wirtschaftskammer Tirol (WKO).
Die Architektur vereint gotisierende Formen mit Elementen des Heimatstils und des Jugendstils. Letztere treten besonders im ersten Obergeschoss in Erscheinung, wo sich ein monumentales Mosaikfries über die gesamte Fassade zieht. Das Werk trägt den Titel Allegorie von Handel und Gewerbe und wurde 1906 von der Tiroler Glasmalerei- und Mosaikanstalt ausgeführt. Der Entwurf stammt vom Maler und Restaurator Alfons Siber (*1860 in Schwaz – †1919 in Hall in Tirol).
Das Mosaik ist in vier Fensterachsen gegliedert. Jede Achse wird von einer allegorischen Doppelfigurengruppe eingerahmt. Die Figuren sind vor einem tiefgrünen, vegetabilen Hintergrund aus Kastanienblättern dargestellt und symbolisieren verschiedene Bereiche von Handel und Gewerbe.

Allegorie von Handel und Gewerbe (Foto: Muriël Robbers, 30.06.2025)
Ganz links erkennt man zwei kräftige Männer: einen Gärtner und einen Schmied, die die Bearbeitung des Bodens und die Metallverarbeitung darstellen. Sie lehnen sich an die Fensterrahmen und reichen sich über die Mittelachse hinweg die Hände – ein Motiv, das sich bei den anderen Fensterachsen in ähnlicher Form wiederholt.
In der zweiten Gruppe begegnen sich ein Tischler und ein Bäcker. Sie stehen für das Holzgewerbe und den Lebensmittelhandel. Der Tischler legt seinen Arm um die Schulter des benachbarten Schmieds, was die beiden Gruppen auf bildliche Weise miteinander verbindet.
Rechts vom Balkon wird der Handel selbst dargestellt: Ein Frächter übergibt seine Ware an einen Kaufmann. Das hell verpackte Frachtgut trägt die Buchstaben „S A“ – das Monogramm des Künstlers, der sich hier dezent auf der Fassade verewigt hat.
In der letzten Szene erscheint die erste und einzige weibliche Figur des Frieses. Als Vertreterin des Kunstgewerbes bietet sie einem Käufer ihre Arbeiten an. Die männliche Figur am rechten Rand trägt einen langen Mantel mit Pelzkragen. Die Gesichtszüge deuten darauf hin, dass es sich um Anton Schumacher handelt, den damaligen Präsidenten der Tiroler Handels- und Gewerbekammer.
Die individuelle Gestaltung der Gesichter und die Vielfalt der Kleidung verleihen dem Mosaik eine besondere Lebendigkeit. Wer genauer hinsieht, entdeckt viele feine Details – etwa die goldene Reiterplastik, die von der jungen Frau überreicht wird und mit großer Sorgfalt ausgeführt ist.
Solche Feinheiten lassen sich auf Fotos kaum erkennen. Beim nächsten Vorbeigehen in der Meinhardstraße lohnt es sich also, einfach mal den Blick nach oben zu richten!
Autorin: Muriël Robbers
(Stadtarchiv / Stadtmuseum Innsbruck Ph-5201)